Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 22.09.2014

Enttäuscht: Antje Hermenau wirft bei den Grünen das Handtuch

 
Ehemalige Fraktionsvorsitzende zieht sich aus der Politik zurück / 50-Jährige eröffnet Beratungsfirma

Dresden. Die politische Landschaft in Sachsen verliert eine ihrer Galionsfiguren: Nach 24 Jahren hat die ehemalige Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Hermenau ihre politische Karriere beendet. Mit sofortiger Wirkung ziehe sie sich aus der aktiven Politik zurück, erklärte sie am Samstag auf dem Grünen-Parteitag in Leipzig. Auf ihr Landtagsmandat werde sie verzichten. Die Spitzenpolitikerin begründete diesen überraschenden Schritt mit der ihrer Ansicht nach falschen strategischen Entscheidung der Grünen, nicht in Koalitionsverhandlungen mit der CDU einzutreten.

Hermenau kritisierte in einer emotionalen Rede das Votum des Landesparteirates vom Donnerstagabend. Am 31. August hätten gerade die Wähler für die Grünen gestimmt, die ein Bündnis mit der CDU befürworteten. "Meiner Meinung nach ist eine Aufstellung als linke grüne Partei falsch", sagte die 50-Jährige. "Ich werde das nicht behindern." Sie wolle nicht wieder eine Fraktion neu aufbauen: "Ich fange nicht nochmal persönlich von vorne an. Das ist zu viel verlangt." Sie zeigte sich zudem verbittert über die persönlichen Angriffe aus ihrer Partei.

Die Grünen-Politikerin, die 1990 zum ersten Mal in den Landtag einzog, hatte stets für eine Öffnung der Öko-Partei zur CDU geworben. Mehrheitsfähig war sie damit innerhalb der Grünen allerdings nie. Nach der Landtagswahl vor drei Wochen hoffte Hermenau dennoch auf eine schwarz-grüne Koalition in Sachsen. Nicht zuletzt deswegen hatte sie nicht mehr für den Fraktionsvorsitz kandidiert. Sie wollte so ihre parteiinternen Kritiker besänftigen, die ihr das schwache Wahlergebnis anlasteten. Allerdings konnte Hermenau ihre Parteifreunde nicht von einer Regierungsbeteiligung überzeugen. Auch der Leipziger Parteitag sprach sich mit großer Mehrheit gegen Schwarz-Grün aus.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Grünen, Volkmar Zschocke, bedauerte Hermenaus Entscheidung: "Antje Hermenau war das Gesicht der sächsischen Grünen." In seinen Worten war aber auch leise Kritik zu hören. "Sie war immer der Partei ein Stück voraus", sagte er. Der ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Michael Weichert zollte Hermenau Respekt: "Es ist nachvollziehbar, dass sie nach zwei Jahren der Demütigung und des Kampfes gegen Windmühlen gesagt hat: Es reicht." Für die Grünen gehe es nun "wieder ganz von unten los".

Ihre berufliche Zukunft sieht Hermenau in der Politikberatung. Ein Gewerbe hat sie bereits angemeldet. Ab Oktober will sie in einem Büro im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt die Arbeit aufnehmen.

Für Hermenau rückt Franziska Schubert in den Landtag nach. Die 32-Jährige aus der Oberlausitz wird zum ersten Mal im Landtag vertreten sein und erhöht die Quote der Landtagsneulinge bei den Grünen. Außer der Dresdnerin Eva Jähnigen verfügt keiner der acht Abgeordneten über parlamentarische Erfahrung.
 
Von Kai Kollenberg