Karl Nolle, MdL
DNN-Online, 18:00 Uhr, 13.02.2015
Punkband folgte der Einladung ihres Freundes Lothar König: "Feine Sahne Fischfilet" brachten die Zuhörer zum Tanzen.
Dresden. Überraschungsgäste beim Friedensgebet der Jungen Gemeinde Jena am Rande des Neumarkts: Die Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ brachte mit einer Handvoll Songs die etwa 200 überwiegend jugendlichen Zuhörer zum Pogen. Am Rande ihres Auftritts fanden die Jungs aus Mecklenburg-Vorpommern klare Worte:
„Wir denken, dass es wichtig ist, den Opfermythos, den die Stadt Dresden betreibt, zu durchbrechen. Dresden ist keine Stadt von Opfern, sondern von Tätern“, sagte Sänger Monchi. Beim offiziellen Gedenken fehle völlig das „Warum“ des Bombardements. Gegen nationalsozialistisches Gedankengut und ein verklärtes Geschichtsbild sollten alle Dresdner auf die Straße gehen. „Die Zivilgesellschaft muss ihren Arsch hochkriegen!“
Die Bandmitglieder waren nach Monchis Aussagen in den vergangenen Jahren bei den Demonstrationen und Blockaden von Dresden Nazifrei dabei. „Nicht die Stadt Dresden war es, die die Nazis vertrieben hat, sondern die Tausenden Antifaschisten!“ Wegen ihrer eindeutig linken Aussagen wird „Feine Sahne Fischfilet“ in ihrem Heimat-Bundesland vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch die sächsischen Kollegen blieben nicht tatenlos und warnten die Betreiber der Dresdner Scheune, wo die Band heute Abend auftritt, vor der Gefahr, die angeblich von der Gruppe ausgehe.
Von Gebetsstimmung keine Spur
Auch die übrige Veranstaltung war laut statt ruhig und bedächtig. Zwischen Songs von Ton Steine Scherben oder Egotronic sprachen beispielsweise der frühere Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi, Königs Tochter Katharina (Thüringer Landtagsabgeordnete für Die Linke) und Astrid Rothe-Beinlich, Grünen-Abgeordnete im Thüringer Landtag. Sie prangerten das bloße Gedenken an und forderten ein „wirkliches Erinnern“, das die Mittäterschaft vieler Bürger im Dritten Reich nicht außen vor lässt. Zudem betonten die Redner die Verantwortung, die jeder Einzelne für ein offenes und vielfältiges Deutschland trage, und schlugen einen Bogen zu Pegida. „Wir müssen den wirklich Bedrohten beistehen“, so Lichdi. Flüchtlinge seien nur die erste Zielscheibe der Fremdenfeinde, später aber alle, die nicht ins kleinbürgerlich-deutsche Raster passten.
Lothar König selbst, trotz der Kälte nur im Hemd und barfuß in Sandalen, fungierte nur als Moderator der Veranstaltung, der gelegentlich Statements wie „Leute, lasst euch den Glauben nicht nehmen! Glaube kann Berge versetzen!“ einstreute. Musik – sowohl die „ollen Kamellen“ der Scherben als auch die aktuelle von den Fischfilets – baue Menschen auf.
Der Polizei allerdings war Königs Musik zu laut. Weil sie angeblich die Gedenkfeier in der Frauenkirche störte, wurde dem Jenaer Pfarrer das Singen untersagt. König klebte sich daraufhin den Mund zu.