Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 27.03.2015
Sachsens Ausländerbeauftragter Mackenroth: "Alles andere ist schönreden"
Geert Mackenroth ist seit 100 Tagen Sachsens Ausländerbeauftragter.
Von Vorgänger Martin Gillo unterscheiden ihn Welten.
Dresden. Redet Geert Mackenroth über sein Selbstverständnis im neuen Job, dann fängt er so an: "Wenn Ausländer eine Straftat begehen, dann muss das benannt werden. Alles andere ist schönreden." Erst dann kommt er darauf zu sprechen, dass er sich "auch" für die Belange von Ausländern einsetzen will.
Was schon deshalb angebracht ist, weil ihm das Gesetz diese "Wahrung der Belange der im Freistaat Sachsen lebenden Ausländer" vorschreibt. Mackenroth ist weder in sein Amt als Justizminister zurückgekehrt noch Innenminister geworden, sondern seit 100 Tagen Sachsens Ausländerbeauftragter.
Vor ihm waren das mit Heiner Sandig (bis 2004), Friederike de Haas (bis 2009) und Martin Gillo (bis 2014) drei ganz verschiedene CDU-Politiker, die sich aber doch alle als Anwalt für Ausländer verstanden.
Ihr Parteifreund versteht sich "als eine Art Ombudsmann für die Ausländer" - und das ist dann doch ein Unterschied, der dem Juristen Mackenroth natürlich geläufig ist. Ombudsmänner schlichten Auseinandersetzungen als Unparteiische.
Was nicht ganz passt zu Mackenroths Hang zu kessen Sprüchen. 2003 kam der gebürtige Kieler als Justizstaatssekretär nach Dresden. Jetzt ist er 65 und wohl der rhetorisch begabteste Landespolitiker. Vielleicht schießt er gerade deshalb gelegentlich übers Ziel hinaus. Etwa wenn er auf die Vorbehalte von Linken und Grünen angesprochen wird, die seinem inzwischen 70-jährigen Vorgänger Martin Gillo offensiv nachtrauern: Erst kündigt Mackenroth an, dass er als Ausländerbeauftragter Parteilichkeit hinter sich lassen wolle - um eine Minute später zu bemerken, die Opposition habe wohl erwartet, dass er "von 0 bis 24 Uhr ihr Liedchen singen" würde. Was übrigens auch Winterabschiebestopp-Gegner Gillo nie gemacht hat.
Oder wenn Mackenroth den Begriff "Willkommenskultur" nicht mag, weil er "willkommen" immer auch mit "umarmen" verbinde: "Mir wäre es schon recht, wenn die Menschen sagen würden, wir gehen vernünftig mit denjenigen um, die zu uns kommen - vorurteilsfrei, offen, aber nicht emotional."
Zuwanderung hält Mackenroth aus "reinem gesellschaftlichen Egoismus" für nötig. Er tritt auch für ein neues Einwanderungsgesetz ein, damit die Regeln übersichtlich und verständlich werden. "Wir werden in wenigen Jahren ohne Zuwanderer nicht mehr in der Lage sein, unser Bruttosozialprodukt auf dem Niveau zu halten, das wir gern hätten, damit wir uns zu Ostern eine neue Waschmaschine kaufen können."
Flüchtlings- und Asylpolitik erfolge hingegen aus Barmherzigkeit. Dass ein Drittel der Bewerber hier bleiben dürften, bedeute nicht, dass die anderen zwei Drittel "automatisch Betrüger, Straftäter, Missbraucher" seien, sagt Mackenroth. "Auch die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge kommen nicht zum Vergnügen her." Aber es gebe Schwachstellen im System, wenn Asylbewerber jeden November ins selbe Heim kämen und dort bis Mai ihr altes Zimmer und W-Lan haben wollten.
Das sorge für schwindende Akzeptanz der Bürger. Man müsse sich nur vorstellen, bei Pegida stünde anstelle von Lutz Bachmann kein "Straftäter mit begrenztem intellektuellen Vermögen an der Spitze", sondern "ein charismatischer Volkstribun", so Mackenroth.
"Flächendeckend" will er die Sachsen aufklären und auch Einladungen von Kleingartenvereinen annehmen. Gillos Heim-Tüv plant er auf Wohnungen und Ausländerbehörden auszudehnen. Er sei "angstfrei", wolle "nichts mehr werden" und könne die Regierung nicht nur "schubsen", sondern auch "treten".
Martin Gillo hat so etwas nie gesagt. Er hat es gemacht.
Tino Moritz