Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 19.05.2015

Sachsensumpf: Verfahren vor dem Abschluss?

 
DRESDEN - Geht eines der zähesten Verfahren im Freistaat jetzt wirklich zu Ende? Michael H. (45); Ex-Mitarbeiter des Verfassungsschützes und Chef im Referat Organisierte Kriminalität (OK), soll 5.000 Euro zahlen damit die Akten gegen ihn endlich geschlossen werden.

Laut Anklage von 2007 soll Michael H. aus Ärger, dass 2006 sein Referat geschlossen wurde, geheime Infos zum „Sachsensumpf" an einen Journalisten gegeben und Zeugen bedroht haben.
                                                             
Als Prozessbeobachter waren als Besucher im Gericht:
Die ehemaligen Untersuchungsausschußmitglieder
Klaus Bartl (60), Die Linke, Karl Nolle (70), SPD
sowie die Ex-Landtagsabgeordneten Volker Külow (54)
Die Linke und Johannes Lichdi (51) Grüne
.                                                                                                                                                                                                                                                                                                         en.
Ein Prozess 2012 scheiterte, weil die Anwälte den Richter als befangen ablehnten. Gestern ein neuer Versuch: Über drei Stunden diskutierten Staatsanwalt, Richter und Verteidiger im Beratungszimmer. Die Verteidiger fordern noch immer Akteneinsicht in geheime Unterlagen die Justiz Verfassungsschutzes an. Die aber bekommt wohl nicht mal die Justiz.

Um dieses Sich-im-Kreis-drehen zu beenden, einigten sich alle auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 5.000 Euro. Vorsorglich terminierte der Richter trotzdem neu - nur für den Fall, dass Michael H. nicht zahlt. Dann geht alles wieder von vorne los.
sts

Bemerkung

Michael H. war Mitarbeiter, nicht Chef im Referat OK.

Der Prozess scheiterte 2012 nicht wegen eines Befangenheitsantrages, sondern wegen des Fehlens einiger hundert "geheimer" Aktenstücke, wie die Anwälte von Michael H. anläßlich ihrer Akteneinsicht  dokumentierten.  Diese wollte der im Februar 2012 als Zeuge vernommene Präsident des LfV Reinhard Boos dem Gericht nachträglich zukommen zu lassen. Das ist inzwischen 2,5 Jahre her.

Die Einstellung des Verfahrens nach §153 a ist ohne jede Schuldfeststellung erfolgt und wird rechtskräftig, wenn bis 30.6.2015 die vereinbarte Zahlung der Geldauflage erfolgt.

Bestandteil der Einigung ist die Zusicherung des Gerichtes, den Anwälten von Michael H., die seit 2,5 Jahren geforderte und bisher verwehrte Akteneinsicht in nachzureichende "geheime" Akten des LfV zu gewähren, wie der damalige Präsident des LfV, Reinhard Boos, bei seiner Zeugenvernehmung im Februar 2012 vor dem Amtsgericht zugesichert hatte.

Ob die Anwälte diesmal vollständige Akten vorgelegt bekommen, wird man sehen. Es steht allerdings jetzt schon fest, daß bisher weder das Amtsgericht Dresden, noch die Anwälte von Michael H. oder der Untersuchungsausschuss zum Sachsensumpf jemals vollständige Akten zur Verfügung hatten.
 
Diese eklatante Missachtung elementarer Verteidigerrechte, inclusive Aktenmanipulation, die wir auch bei den Sachsensumpfverfahren anderer beschuldigter Verfassungsschutzbeamten feststellen mußten, ist Bestandteil des in Teilen vordemokratischen Rechtsstaats in Sachsen. 

Karl Nolle, SPD Obmann in den Untersuchungsausschüssen
zum Sachsensumpf der 4. und 5. Wahlperiode