Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 23.05.2015
Flath: Krise der AfD ist Chance für die Union
Ex-Fraktionschef fordert Rückbesinnung auf Werte
Dresden. Lange hat man nichts mehr von ihm gehört, jetzt aber macht er wieder von sich reden. Steffen Flath, der frühere Mehrfach-Minister und CDU-Fraktionschef, mischt sich ein in die Debatte um die Linie der CDU und der Frage, wie weit links oder rechts sie steht. "In der Bundes-CDU gibt es seit Jahren Defizite", sagt er. Das gelte vor allem für die Familienpolitik, aber auch für den Bereich der sozialen Marktwirtschaft. Hintergrund für den Einspruch von Flath ist der sogenannte "Berliner Kreis", eine lose organisierte Gruppe wertkonservativer Christdemokraten. Die hat in dieser Woche getagt, und der Erzgebirger, seit Jahren schon dort Stammgast, ist mal wieder hingefahren.
Was die Christdemokraten vom Kreis allesamt umtreibt, ist das, was man Sozialdemokratisierung der Union nennt. Gemeint damit ist die Tatsache, dass die Partei unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) immer weiter in die politische Mitte gerückt ist. Damit gewinnt sie zwar möglicherweise neue Wählerschichten hinzu, verliert aber an eigenem Profil. Das jedenfalls bemängelt Flath. "Angela Merkel ist erfolgreich", sagt er, "aber es gibt auch eine Zeit danach." Darüber hinaus sei eine Unzufriedenheit bei nicht wenigen Menschen erkennbar, was auch mit der realen Politik zu tun habe. Was er dann sagt, klingt banal, ist aber beinharte Kritik. "Neben dem Machterhalt sollte man sich auch um das Land kümmern."
Eine Folge dieses Berliner Politikstils ist für Flath das Aufkommen der AfD. Damit sei für jeden erkennbar, dass das alte Motto von Ex-CSU-Chef Franz Josef Strauß - "rechts von uns darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben" - nicht aufgegangen ist. Das ärgert Flath gehörig, und genau deshalb beobachtet er die aktuelle Krise der AfD besonders genau. "Eigentlich wollte diese Partei Themen aufgreifen, die andere Parteien, also auch die CDU, vernachlässigt haben", sagt er. Das Gegenteil aber sei der Fall. "Seit Monaten beschäftigt sich die AfD nur mit sich selbst." Schon deshalb geht Flath davon aus, dass diese sich weiter schwächt.
Das hat für ihn erhebliche Konsequenzen. "Für die CDU ist das eine Chance", sagt er. So könne die Union verloren gegangenes Terrain zurückerobern und sich "wieder stärker zu Wort melden". Profilgewinn lautet das Stichwort. "Ich bin überzeugt, dass man gerade heute als Partei unterscheidbar bleiben muss. In Berlin allerdings werden die Unterschiede kaschiert, um vielleicht einen kurzfristigen Vorteil zu erlangen."
Dabei stehen für Flath die Themen längst fest. Es sind die typisch wertkonservativen Felder, vor allem das klassische Familienbild. "Die Ehe betrifft den Markenkern der CDU", meint er. Es werde sich rächen, wenn sie diesen weiter verwässert. Zweiter Punkt ist die soziale Marktwirtschaft - auch "ein Riesenfeld für die CDU".
Von Jürgen Kochinke