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spiegel online, 18:12 Uhr, 15.06.2015
Studie zu Privatvermögen - Zahl der Millionärshaushalte wächst um über 13 Prozent
Die Reichen werden immer reicher: 2014 ist das globale Geldvermögen laut einer aktuellen Studie um nahezu zwölf Prozent gestiegen. Besonders stark legte die Zahl der Millionärshaushalte zu.
Von Florian Diekmann
Trotz der aktuellen Mickerzinsen ist das private Geldvermögen 2014 um 11,9 Prozent gewachsen. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie der Boston Consulting Group. Das Vermögen stieg von 146,8 auf 164,3 Billionen Dollar - ein Zuwachs von 17,5 Billionen Dollar. Das entspricht dem 4,5-fachen der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands. Schon 2013 waren die privaten Geldvermögen um 12,3 Prozent gewachsen.
Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen den Weltregionen, die aus dem Global Wealth Report von BCG hervorgehen. Besonders der asiatisch-pazifische Raum mit den beiden aufstrebenden Schwergewichten China und Indien sticht heraus. Japan zählt nicht zu dieser Kategorie, sondern wird von BCG als eigene Weltregion betrachtet.
Demnach wird der asiatisch-pazifische Raum bereits 2016 Nordamerika - also die USA und Kanada - als Region mit dem größten privaten Reichtum ablösen. Die Überraschung ist dabei weniger, dass es überhaupt passiert, sondern wie rasch: Im vergangenen Jahr prognostizierte BCG den Wachwechsel an der Spitze des globalen Reichtumsranking erst für das Jahr 2018.
Tatsächlich ist die Dynamik erstaunlich, mit der die Summe der Vermögenswerte in der Region um Indien und China zulegt, die private Investoren in Bargeld, Aktien, Wertpapieren oder Fonds angelegt hatten. Binnen eines Jahres stieg sie um fast 29 Prozent auf 47,3 Billionen Dollar. Der Abstand zu Nordamerika schrumpfte gleichzeitig von 11,7 auf nur noch 3,5 Billionen Dollar. Angesichts dieser Zahlen scheint es sogar im Bereich des Möglichen, dass Asien-Pazifik schon in diesem Jahr zur reichsten Region der Welt wird.
In Westeuropa fiel das Wachstum mit 6,6 Prozent auf 39,6 Billionen Dollar wesentlich bescheidener aus - angesichts der wirtschaftlichen Flaute durch die Eurokrise aber immer noch beeindruckend.
Eine weitere Entwicklung setzt sich auch in der neuesten Vermögensstudie von BCG ungebremst fort: Die privaten Geldvermögen wachsen wesentlich schneller als die Wirtschaftsleistung. Die stieg im vergangenen Jahr laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) weltweit um 3,4 Prozent, die privaten Geldvermögen um fast zwölf Prozent.
Inzwischen haben private Haushalte mehr als das Doppelte dessen angelegt, was die Welt in einem Jahr erwirtschaftet. Dabei berücksichtigt die BCG-Studie noch nicht einmal den Besitz an Immobilien oder nicht-börsennotierter Firmen. Und der Trend setzt sich fort: Bis 2020 rechnet die Studie mit einem durchschnittlichen Vermögenswachstum von sechs Prozent - Jahr für Jahr. Der IWF prognostiziert für diesen Zeitraum in keinem Jahr ein Wirtschaftswachstum von mehr als vier Prozent.
Ähnliches hatte der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty "Das Kapital im 21. Jahrhundert" prophezeit: Demnach wachsen die Einkünfte aus Kapitalanlagen in der Regel stärker als die gesamte Wirtschaftsleistung. Er sieht darin eine wichtige Ursache für die zunehmende globale Ungleichheit.
Die Studie legt zudem nahe, dass die Vermögen nicht nur sehr ungleich verteilt ist - sondern auch, dass diese Ungleichheit weiter zunimmt. So besaßen (Dollar-)Millionärshaushalte im vergangenen Jahr 41 Prozent des gesamten privaten Geldvermögens. Im Jahr 2013 war es noch ein Prozent weniger. Die Zahl der Millionärshaushalte wuchs 2014 von 15 auf 17 Millionen (plus 13,3 Prozent), die meisten davon in den USA (sieben Millionen Haushalte), gefolgt von China (vier Millionen Haushalte). Bis zum Jahr 2019 werden Millionäre bereits 46 Prozent des weltweiten Geldvermögens besitzen, prognostizieren die BCG-Experten.
Warum vor allem die Reichen immer reicher werden, geht ebenfalls aus der Studie hervor. Von dem enormen Vermögenszuwachs im vergangenen Jahr wurden lediglich 27 Prozent wirklich neu angespart, etwa aus dem Arbeitseinkommen. Der weitaus größere Teil des neuen Reichtums, nämlich 73 Prozent, entspringt dem alten Reichtum: Es sind Zinsen oder andere Erträge des bereits angelegten Kapitals.