Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 06.07.2015

Ein Sieg mit Anlauf

 
Kommentar von Bernd Hempelmann

Es war dann am Ende doch klarer als erwartet. Dirk Hilbert kann sich auf dem Platz, den er vor vier Monaten von seiner Vorgängerin Helma Orosz - zunächst vorübergehend - übernahm, für die kommenden sieben Jahre einrichten. Er ist Dresdens neuer Oberbürgermeister.

Es war ein Wahlsieg mit Anlauf. Seit März gibt Hilbert das Stadtoberhaupt, mit Sicherheit eine Starthilfe. Die Zeiten, in denen er die OB schon vorher vertrat, haben viele - durchaus auch einige Stadträte - in guter Erinnerung. Aber das allein genügt für einen Wahlsieg nicht. Hilbert dürfte vielen Dresdnern als Garant für eine gewisse Kontinuität in einer Stadtpolitik gelten, die über Jahre durchaus als erfolgreich empfunden worden ist.

Die rot-grün-rote Stadtratsmehrheit hingegen, die seit der Kommunalwahl im Mai 2014 regiert, hat mit einigen durchaus fragwürdigen Entscheidungen nicht immer den Eindruck hinterlassen, als habe sie die städtischen Geschicke im Auge und im Griff. Gut möglich, dass viele Wähler dem mit Hilbert auch ein Regulativ entgegensetzen wollten.

Das macht Hilberts OB-Stuhl keineswegs bequemer. So wie der Stadtrat sich in zwei Lager gespalten hat, so wurde auch der OB-Wahlkampf zu einem Lagerwettstreit, den Hilbert eigentlich nicht wollte. Durch die späte offizielle Unterstützung versuchte die CDU, die sich dazu mühsam durchringen musste, ihn auch für sich als Kandidaten der "bürgerlichen Mehrheit" einzufangen.

So, als könne die Schlappe, die die CDU mit dem Verlust des letzten Oberbürgermeisters in einer deutschen Großstadt einfuhr, ein wenig gemildert werden. Das ist eine bittere Pille, die auch die Dresdner Union schlucken muss, die aber ihre Wirkung noch nicht bei allen gezeigt hat.

Der neue OB Hilbert wird sich vor allem an zwei Themen messen lassen müssen - der Frage, wie bezahlbarer Wohnraum in Dresden zu schaffen ist; und der Frage, wie Dresden mit Asylbewerbern und ihrer Unterbringung sowie mit ausländerfeindlichen Strömungen in der Stadt umgehen will.

Im ersten Fall muss er zeigen, wie er, der als einziger gegen eine neue städtische Woba war, das auch im Stadtrat vertreten will. Im zweiten ist klare Kante gefragt: Hilbert wird Einfühlungsvermögen, Standhaftigkeit und gute Argumente brauchen, um glaubwürdig für die viel zitierte Weltoffenheit zu stehen, die auch Dresden gerne für sich in Anspruch nimmt, die aber in diesen Zeiten aufmerksam umsorgt werden muss.