Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 15.07.2017
Aktenstreit im Sachsensumpf-Prozess
Dresden. Im sogenannten Sachsensumpf-Prozess hat die Verteidigung die Vorwürfe gegen die ehemalige Verfassungsschutzbeamtin erneut zurückgewiesen. Die Angeklagte könne schon aus rechtlichen Gründen nicht wegen Verfolgung Unschuldiger verurteilt werden, weil sie gar nicht zur Strafverfolgung befugt gewesen sei, sagte Rechtsanwältin Lina Addicks am Freitag vor dem Landgericht Dresden.
Sie verlangte zudem die Herausgabe aller Dokumente und Urkunden des Landesamtes für Verfassungsschutz im Original und ungeschwärzt, die sich mit dem sogenannten Sachsensumpf-Komplex befassen. Die Behörde hat dem Gericht wesentliche Unterlagen entweder gar nicht oder nur geschwärzt zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise sei nicht erkennbar, welchen Anteil die Angeklagte an dem umstrittenen Sachsensumpf-Dossier gehabt habe, sagte Addicks.
Die ehemalige Referatsleiterin für Organisierte Kriminalität sei aus gesundheitlichen Gründen häufig gar nicht im Dienst gewesen, viele Arbeitsaufträge hätten andere Vorgesetzte erteilt. Mit den vorliegenden Verfassungsschutzakten könne der zehn Jahre alte, hochkomplexe Sachverhalt nicht aufgeklärt werden, kritisierte Addicks. Erschwert werde das Verfahren auch dadurch, dass die Angeklagte nur einige ihrer nachrichtendienstlichen Quellen im Prozess preisgeben darf.
Mithilfe ominöser Quellen soll die Beamtin Gerüchte über Richter und andere Personen gesammelt und daraus ein Netzwerk mit Verbindungen bis ins Rotlichtmilieu gestrickt haben. Mit ihr sitzt ein inzwischen pensionierte Polizeibeamter auf der Anklagebank. In dem Prozess, der im Mai begonnen hat, wurden bisher keine Zeugen vernommen. (SZ/lot)