Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 14.07.2000

Firmenwert liegt in Mitarbeitern

Karl Nolle berichtet über Erfahrungen mit finanzieller Beteiligung der Beschäftigen
 
FREIBERG. Seine Erfahrungen in der Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen trug Karl Nolle (SPD), wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher im Landtag auf einer Gesprächsrunde in Freiberg vor. Im Mai 1997 hat Nolle begonnen, in seinem Druckhaus in Dresden, die Mitarbeiterbeteiligung zu realisieren.

Dort arbeiten ca. 60 Beschäftigte, darunter acht Auszubildende. Die Verwaltungsmitarbeiter haben sich finanziell ins Unternehmen eingebracht.
Dies geschieht im Betrieb in Form einer Mitarbeiterbeteiligungs-GmbH, deren Geschäftsführer gemeinsam mit dem Ehepaar Nolle das Unternehmen leitet. Um eine Beteiligung zu erreichen, muss ein Mitarbeiter pro Jahr mindestens 800 Mark einzahlen. Er bekommt von der Firma 300 Mark Prämie und 200 Mark Steuerersparnis dazu. Das Geld geht ihm nicht verloren, muss aber sieben Jahre dem Betrieb zur Verfügung stehen. Bei Ausscheiden oder im Todesfall wird die Summe in 36 monatlichen Raten vom Unternehmen zurückgezahlt.
"Damit haben außer den Leitungsmitgliedern viele Mitarbeiter ein großes Interesse daran, dass es im Betrieb auch weiterhin läuft", sagt Nolle. Dies sei das wichtigste Ergebnis der Mitarbeiterbeteiligung. Nicht das Anlagevermögen sei der Reichtum eines Betriebes, zumal dies meist der Bank gehöre. Der Wert eines Unternehmens stecke in seinen Mitarbeitern, ihren Leistungen und dem Geist, mit dem sie diese Einbringen. "Meine Mitarbeiter wurden somit zu Botschaftern des guten Willens gegenüber Lieferanten und Kunden", sagt Karl Nolle. Die Mitarbeiterbeteiligung habe auch zu einem guten Ruf bei den Banken getragen, die dadurch eine gesicherte Zukunft des Betriebes erkennen.
Karl Nolle begründet seine Strategie mit einer zunehmenden Veränderung der Arbeitswelt. Hatten vor 1990 in der DDR noch 45 Prozent der Beschäftigten Waren und Produkte hergestellt, waren es in der damaligen BRD nur 33 Prozent. Heute produzieren in Gesamtdeutschland nur 28 Prozent aller Beschäftigten Waren. Die traditionelle Produktionsgesellschaft hat sich zur Dienstleistungs-, Wissens- und Informationsgesellschaft gewandelt. Auch gehöre den meisten Unternehmern kein Betriebskapital mehr.
Zudem seien strukturelle Veränderungen auf der Arbeitnehmerseite erkennbar. "Jedermannsarbeitsplätze" werden geringer, Fachleute seien gefragt, eine Umstellung vom Normal- auf ein Leistungsarbeitsverhältnis künden sich an. Dafür seien Flexibilität und Mobilität gefragt.
(von Peter Hertl)