Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung Dresden, 29.05.2001

Biko schwer belastet

Ein Mann packt aus
 
DRESDEN. Hat Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (71, CDU) vorm Paunsdorf-Untersuchungsausschuss gelogen? Ja, wenn man der Aussage des wichtigsten Zeugen glauben kann!

Darum geht’s: Ein Biedenkopf-Freund hatte in Paunsdorf bei Leipzig ein Bürozentrum errichtet. Biko soll dafür gesorgt haben, dass Behörden dort zu überhöhten Mieten einzogen (Verträge über 25 Jahre). Er bestritt bisher.

Ministerialdirigent Dr. Michael Muster (54), der damals die Verträge aushandelte, gestern: „Der Ministerpräsident bestellte mich in sein Büro, beauftragte mich den Abschluss zu beschleunigen!"

Weiter: „Im Juni 1993 rief mich Biedenkopfs persönlicher Referent an. Der Ministerpräsident wünsche, dass ich die Vertragsverhandlungen mit dem Investor übernehme, die Mitarbeiter im Liegenschaftsamt seien zu unflexibel."

Nachdem die ersten Verträge geschlossen waren, blieben noch rund 18 000 Quadratmeter frei. Muster: „Im September rief mich Herr Biedenkopf mehrfach an, warum für die Polizei keine weiteren Flächen angemietet wurden. Daraufhin wurden Verträge über 12 000 Quadratmeter abgeschlossen."

Der Quadratmeter-Preis von 24,50 Mark (auch für Flur, Keller usw.) war extrem hoch. Muster: „Es war sicher kein Schnäppchen.“

Als die Polizei einziehen sollte, beschwerte sich der. damalige Innenminister Heinz Eggert (55, CDU): „Die Büroräume sind für uns gar nicht nutzbar." Für 31 Millionen Mark lässt der Freistaat nachrüsten.

Neben der Polizei zogen Hochbauamt, Institut für Länderkunde und Grundbuchamt ein. Letzteres wurde gegen alle Logik vom Amtsgericht getrennt. Ausschuss-Mitglied Andre Hahn (38, PDS): „Nach Abschluss der Bauarbeiten wurde festgesteift, dass Barth mehrere 1000 Quadratmeter größer gebaut hat, als in den Verträgen festgeschrieben. Der Freistaat zahne noch mal drauf."

Geschätzter Gesamtschaden für den Steuerzahler: 350 Millionen Mark. Muster, der während der Vernehmung heftig ins Schwitzen kam: „Es gab Widerstände gegen den Umzug mancher Behörden. Herr Biedenkopf sagte mir zu, sich persönlich darum zu kümmern."

Als Muster darauf vereidigt werden soll, weigerte er sich. Sein Anwalt Steffen König (46): „Er wurde behandelt wie ein Betroffener. In einem solchen Fall besteht nach der Strafprozessordnung ein Vereidigungsverbot."

Regierungssprecher Michael Sagurna (45): „Der Ministerpräsident hat weder an Muster noch an Milbradt Weisungen erteilt. Das ist eine Interpretation Musters."
(B. Schilz und A. Wehrstedt)