Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 29.05.2001

Wolgast: Wagner soll OberbĂĽrgermeister bleiben

Keine Parteipolitik / Aufbau der Stadt fortsetzen
 
DRESDEN. Der Dresdner Wirtschaftsbürgermeister Rolf Wolgast (SPD) hat sich beim Rammschlag der Flügelwegbrücke dafür ausgesprochen, dass Herbert Wagner (CDU) weiter Oberbürgermeister von Dresden bleiben soll. Wolgast ist seit 1990 Dezernent für Wirtschaft. Die Dresdner SPD aber unterstützt mangels eines eigenen Kandidaten Wagners Herausforderer Ingolf Roßberg, der FDP-Mitglied ist.

Markus Lesch: Sie stehen mit Ihrer Aussage im Gegensatz zu Ihrer Partei.

Rolf Wolgast: Ich muss zunächst sagen, dass ich bisher loyal zu meiner Partei gestanden habe. Doch jetzt ist ein Fall eingetreten, wo es um eine Aufgabe geht, die entscheidende Bedeutung für die Zukunft der Stadt hat. Das ist kein Parteienproblem mehr und taugt nicht als Wahlkampfthema. Ingolf Roßberg hat plötzlich die Waldschlößchenbrücke wieder in Frage gestellt. Das darf aber nun wirklich nicht geschehen, wir können den Dresdnern dort einfach keine Verzögerungen mehr zumuten. Mit einer Neuauflage der Debatte machen wir uns auch außerhalb Sachsens endgültig lächerlich, was ist denn das für ein Signal. Im übrigen ist das Thema demokratisch entschieden worden, und Demokraten müssen sich mit Entscheidungen abfinden können. Das vermisse ich in diesem Fall.


Markus Lesch: Ist das aus Ihrem Ressort der einzige Kritikpunkt an Roßberg?

Rolf Wolgast: Ich komme mir allerdings veralbert vor, wenn Roßberg auf einmal mehr Gewerbeflächen in der Stadt fordert. Früher, als ich mich dafür eingesetzt hatte, war er dagegen. Was stimmt denn nun? Oberbürgermeister Wagner hatte mich jedenfalls unterstützt, die Forderungen kamen doch vor allem aus dem einheimischen Mittelstand.


Markus Lesch: Wo sind Sie noch anderer Meinung?

Rolf Wolgast: Roßberg hat sich dafür ausgesprochen, die Königsbrücker Straße nur zweispurig auszubauen. Damit produziert er Staus. Er setzt damit eine autofeindliche Verkehrspolitik fort, die er schon als Dezernent in Dresden betrieben hat.


Markus Lesch: Am Wiener Platz hat Roßberg vor der entscheidenden Stadtratssitzung gewarnt, das Heft an die Depfa-Bank abzugeben.

Rolf Wolgast: Roßberg war es, der als Stadtentwicklungsdezernent die Depfa-Bank erst ins Boot geholt hat. Es war seine Idee, den Wiener Platz mit einem starken Partner von außen zu entwickeln. Dass er als Stadtrat in der letzten Abstimmung absprang, kam ein bisschen spät.


Markus Lesch: Wieviel des jetzigen Streites ist nur Wahlkampf und wird nachher wieder realistisch behandelt?

Rolf Wolgast: Wahlkampfgeplänkel ist üblich. Doch hier sieht das anders aus. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Oberbürgermeister für die Zukunft tragfähige Sachentscheidungen treffen kann, der die Interessen von drei oder vier verschiedenen Parteien befriedigen muss. Vor diesem Hintergrund sind Wahlaussagen von Roßberg über eine wirtschaftsfreundliche Investitionspolitk unglaubwürdig, weil er sie mit Teilen der Parteien, die ihn wollen, gar nicht umsetzen kann.


Markus Lesch: Sie trauen Roßberg nicht.

Rolf Wolgast: Ich habe Bedenken gegen ihn. Und deshalb sehe ich keine Alternative zu Wagner, wenn der 1990 eingeschlagene Weg zum Aufbau der Infrastruktur und dem Schaffen von Arbeitsplätzen für die Menschen in Dresden fortgesetzt werden soll.

Die Fragen stellte Markus Lesch