Karl Nolle, MdL

DNN, 07.06.2001

Die Biedenkopfs ziehen in Radebeuler Tengelmann-Villa

Ministerpräsident verlässt umstrittenes Gästehaus der Landesregierung
 
Dresden/Radebeul. Eine Villa in der feinen Radebeuler Mohrenstraße, hohe Mauern, dahinter ein großer gepflegter Garten: In dieses Anwesen des schwerreichen Chefs der Tengelmann-Gruppe, Erivan Haub, werden Kurt und Ingrid Biedenkopf in den kommenden Wochen einziehen. Der Ministerpräsident habe dort bereits eine Wohnung gemietet, teilte die Staatskanzlei gestern mit. Das Ehepaar werde dort dauerhaft wohnen. Damit zieht der Regierungschef zugleich einen Schlussstrich in der Debatte um seine Wohnkonditionen im Gästehaus des Landes in der Dresdner Schevenstraße, wo er bislang nicht nur zu sehr günstigen Preisen wohnen konnte, sondern auch das gesamte Hauspersonal - Koch, Hauswirtschafterin, Gärtner - nutzte. Ein genauer Umzugstermin wurde gestern noch nicht genannt. Biedenkopf hatte das Haus in den Weinbergen erst am Pfingstsonnabend besichtigt.

Derzeit prüft das Innenministerium, welche Sicherheitsvorkehrungen noch für die Wohnung getroffen werden müssen, sagte Sprecher Thomas Uslaub. Da die Villa aber ein Sommersitz des Dollar-Milliardärs Haub ist, sind bereits einige Schutzeinrichtungen installiert. Die Kosten für das Land fallen entsprechend geringer aus als sonst notwendig. Die Familie besaß das Anwesen bereits vor dem Zweiten Weltkrieg und hat es nach der Wende zurückerhalten.

Der Auszug des Ministerpräsidenten aus der Schevenstraße dürfte zugleich das Ende des Gästehauses einläuten. Zwar prüfe das Finanzministerium noch die Wirtschaftlichkeit, wie Sprecherin Vera Kretschmer sagte. Staatskanzleichef Georg Brüggen erklärte jedoch bereits, das "Modell Schevenstraße" habe ausgedient. Schon ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, das unserer Zeitung vorliegt, war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine langfristige wirtschaftliche Nutzung des Hauses nicht möglich erscheine. Das Land hat das Haus von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft gemietet. Der Vertrag könnte zum Jahresende gekündigt werden.

Justizminister Manfred Kolbe will im Laufe der Sommerpause das Gästehaus verlassen. Der Naunhofer hatte das Quartier bisher für gelegentliche Übernachtungen genutzt, dies aber nur als Übergangslösung betrachtet, hieß es. Als letzter Mieter wird dann auch Wirtschafts-Staatssekretär Wolfgang Zeller ausziehen, da er in dem Anwesen nicht allein verbleiben will.

Mit dem Auszug sind die Probleme für den Ministerpräsidenten jedoch nicht vom Tisch. So gibt es weiter Streit um die Höhe der Nachzahlungen, die Biedenkopf an die Landeskasse für die Inanspruchnahme des Personals leisten wird. Bisher ist eine Summe von 120.000 Mark geplant. Der Rechnungshof fordert jedoch eine Nachzahlung von mehreren hunderttausend Mark, der Steuerzahlerbund spricht von einer halben Million. PDS-Chef Peter Porsch forderte Biedenkopf gestern erneut auf, "den Vorgaben und Empfehlungen von Rechnungshof und Steuerzahlerbund zu folgen". Zugleich lud Porsch das Ehepaar Biedenkopf ein, ihren Lebensabend in Sachsen zu verbringen. Dafür ist indes ihr Privathaus am Chiemsee vorgesehen.
(Sven Heitkamp)