Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 20.04.2000

Über Geld redet niemand

Jeder vierte Landtagsabgeordnete hat einen Nebenjob
 
Über Geld spricht man nicht - dieses Sprichwort gilt auch in der Politik, vor allem dort aber völlig zu unrecht. In einer Serie bringt SZ Licht in das Dunkel der Parlaments- und Parteienfinanzierung. Heute: Abgeordnete und ihre Nebenjobs.
Bettina Simon weiß genau, wie man fürs Alter vorsorgt. Rentenberechnungen, Lebensversicherungen, Vermögensaufbau - die 42-jährige Frau aus Löbau kennt sich aus. Seit 1991 ist sie selbstständige Finanzberaterin. Seit einem halben Jahr spielt der Job in Simons Leben allerdings nur noch eine Nebenrolle. Hauptberuflich ist sie Mitglied des Sächsischen Landtags - ein "aufreibender Ganztagsjob", wie die PDS-Abgeordnete betont. Die Finanzberatung beschränke sich nur noch auf die Betreuung ihrer 250 Kunden und sei obendrein sowieso bloß möglich, weil die Familie mitspiele. Aufgeben will sie die Nebentätigkeit jedoch auf keinen Fall: "Damit ist man als Abgeordneter erst richtig unabhängig." Schließlich wisse man nie, ob man bei der nächsten Kandidatenaufstellung noch die Gunst der Parteiführung genieße. Im Sächsischen Landtag ist Bettina Simon keine Ausnahme. Von den 120 Abgeordneten hätten zwölf eine selbstständige Nebenbeschäftigung angegeben, berichtet Sprecher Ivo Klatte. Weitere 15 ständen nebenbei noch in einem Angestelltenverhältnis, vier gingen sonstigen Erwerbstätigkeiten nach. Damit arbeitet jeder vierte Parlamentarier zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Volksvertreter noch irgendwo irgendwas. Tatsächlich dürfte die Zahl allerdings noch um einiges höher liegen, denn nicht jeder Abgeordnete hat seinen Nebenjob offen gelegt. So bleiben ständige und gelegentliche Honorartätigkeiten im Dunkeln, sofern sie nicht gerade - wie bei "nt-v"-Moderator Heinz Eggert (CDU) - in aller Öffentlichkeit ausgeübt werden. Auch Unternehmer wie Karl Nolle (SPD/Druckerei) und Hartmut Götzel (CDU/Optiker-Fachgeschäft) zählen nicht als Nebenberufler, obwohl sie mit ihren Firmen vermutlich Gewinn machen. Die offiziellen Angaben kann die Öffentlichkeit dem aktuellen Volkshandbuch entnehmen. Kein Geheimnis ist, dass sieben Abgeordnete gleichzeitig Minister bzw. Ministerpräsident sind. Auch die Funktionen von Frank Kupfer (CDU-Generalsekretär), Georg Hamburger (CDU/Geschäftsführer des Landkreistages) und Hanjo Lucassen (SPD/Landeschef des DGB) sind allgemein bekannt. Darüber hinaus arbeiten Parlamentarier beispielsweise als Landwirte (Andreas Heinz und Peter Jahr/beide CDU), als Hochschulprofessoren (Karl Mannsfeld/CDU, Peter Porsch und Werner Bramke/beide PDS) und als Rechtsanwälte (Wolfgang Pfeiffer/CDU, Klaus Bartl und Heiko Kosel/beide PDS). Die Begründungen für die freiwillige Zusatzbelastung klingen überall gleich. Neben der Unabhängigkeit kommt die Sprache immer wieder auf das Interesse am alten Beruf und die damit gewonnenen Erfahrungen, die man bei der parlamentarischen Arbeit nutzen könne. Über das Geld, das man dabei verdient, redet niemand - doch sorgt gerade das für beträchtlichen Neid.
als Arbeitskreisleiter abgesägt wurde. Im Zweitjob ist der Abgeordnete Direktor des Verbandes der sächsischen Wohnungsunternehmen - ein einträglicher Posten, wie allgemein vermutet wird. Die Diäten bekommt er wie alle Doppelverdiener zusätzlich; lediglich den Ministern, die gleichzeitig ein Mandat innehaben, wird die Grundentschädigung (zurzeit 7 712 Mark) halbiert. Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) zeigt für die Abgeordneten mit Nebenjob durchaus Verständnis: "Das belebt den Landtag." Allerdings dürfe die Ausübung des Mandats davon nicht beeinträchtigt werden. Doch gerade daran hegt so mancher Zweifel: "Wir müssen die Arbeit für die anderen machen", schimpft ein Abgeordneter. Wenn man seinen Job ernst nehme, reichten zwölf Stunden am Tag nicht aus. So wundert sich nicht nur Volker Bandmann (CDU), "wie die das machen." Fernseh-Talker Heinz Eggert hat darauf eine einfache Antwort: "Ich muss nicht in allen Arbeitskreisen dabei sein." Sein Schwerpunkt sei der Wahlkreis. Und dass er damit nicht falsch liege, könne man auch an seinem Wahlergebnis sehen: 65 Prozent - mehr hatte niemand.
(von Steffen Klameth)

(KOMMENTAR von Karl Nolle. Wieder mal schlecht recherchiert, was soll der Satz, "vermutlich machen sie mit Ihren Firmen Gewinn.")