Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 18.07.2001
Anzeigen gegen Biedenkopf zu den Akten
Andere Vorwürfe wegen Untreue werden noch geprüft
DRESDEN. Wegen der Vorgänge um das Gästehaus Schevenstraße ist Sachsens Ministerpräsident bald juristisch reingewaschen: Die Staatsanwaltschaft schließt die Akten. Andere Vorwürfe werden weiter geprüft.
Die Staatsanwaltschaft Dresden will jetzt die ersten Strafanzeigen gegen Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zu den Akten legen. Es bestehe wegen der Vorgänge um das Gästehaus auf der Schevenstraße kein Anfangstatverdacht wegen strafrechtlich relevanten Verhaltens, sagte Oberstaatsanwalt Claus Bogner der SZ. Biedenkopf war wegen unverhältnismäßig niedriger Mieten für die Wohnung im Gästehaus politisch unter Druck geraten und zahlte 122 000 Mark nach.
Jüngere Strafanzeigen gegen den Ministerpräsidenten wegen Steuerhinterziehung und des Verdachts der Untreue würden weiter geprüft, sagte Bogner. Derzeit laufen insgesamt 13 Strafanzeigen gegen Biedenkopf aus dem Zeitraum Mitte April bis Ende Juni. „Die meisten Anzeigen stammen von Privatpersonen, die sich allein auf die Berichterstattung in den Medien berufen", so Bogner. „Auch den fragwürdigsten Vorwürfen müssen wir trotzdem nachgehen."
Unterdessen kritisierte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, dass die Staatsanwaltschaft zu lange brauche, um Ergebnisse vorzulegen. Nolle hatte Anzeige wegen des Verdachts der Untreue aufgrund der Bewachung des Biedenkopf-Ferienhauses am Chiemsee gestellt. „Die Staatsanwaltschaft spielt im Interesse ihres obersten Dienstherrn auf Zeit", sagte Nolle. Es sei bekannt, „dass die Staatsanwaltschaften in Sachsen nicht frei von Einflüssen der Landesregierung sind". Oberstaatsanwalt Bogner wies dies als „aus der Luft gegriffen" zurück. „Solche Anschuldigungen lassen sich leicht formulieren, wenn die Justiz nicht die gewünschten Ergebnisse liefert."
(SZ/Novak)