Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 13.08.2001
Fördergeschenke für Multimillionäre
Karl Nolle: CDU-Politiker bekommen Traumzinsen
DRESDEN. In Sachsen deutet sich ein neuer Immobilienskandal an: Der Freistaat Sachsen soll der ehemaligen Verteidigungs-Staatssekretärin Agnes Hürland-Büning (75, CDU) für Wohnungen im Freistaat traumhaft niedrige Finanzierungszinsen garantiert haben. Das bestätigt der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle in einer Reaktion auf einen Zeitungsbericht.
Nutznießer sollen auch der ehemalige sächsische Finanzstaatssekretär Karl-Heinz Carl (74, CDU) sein, dessen Sohn Christoph und der Bundesliga-Fußballer Olaf Thon sein, so Nolle. Er legte eine Liste mit 53 Wohnungen in Weixdorf, Langebrück und Moritzburg vor, von denen 20 den genannten Personen gehören sollen. Die restlichen 33 sollen sich in Eigentum der Baufirma Alfons & Schulz Moritzburg, deren Gesellschaftern und einer Verwandten befinden.
Der Freistaat Sachsen habe das Wohneigentum zu 90 Prozent über die Sächsische Aufbaubank mit gestaffelten Zinsen von 0,5 bis 5,5 Prozent finanziert, so Nolle. Er sieht die Aufgabe der Sächsischen Aufbaubank als Förderinstitut ad absurdum geführt. Das Kreditinstitut solle eher Sachsen zu günstigem Wohneigentum verhelfen, sagt Nolle der SZ: „Sinn der Sache ist es nicht, Multimillionären aus dem Westen Deutschlands zu Traumzinsen Wohneigentum zu verschaffen, dass sie noch nicht einmal selbst nutzen."
Nolle mutmaßt, aufgrund alter Freundschaften zwischen den genannten Personen, dem ehemaligen Vorstand der Sächsischen Aufbaubank Anton Wachter und der sächsischen Ministerpräsidenten-Gattin Ingrid Biedenkopf habe man „Förderrichtlinien des Freistaates innovativ ausgelegt'. So soll Thon laut Nolle Berater einer Firma Hürland-Bünings sein; Karl-Heinz Carl und Hürland-Büning waren Ende der 80-er Jahre gemeinsam Staatssekretäre im Verteidigungsministerium.
Karl-Heinz Carl hält den Kauf der Wohnungen hingegen für normal: „Die Förderprogramme dienten dazu, dass in Sachsen investiert wurde", sagte er der SZ. Er habe den Verkaufserlös eines Erfurter Hauses, das er nach der Wende zurückbekommen habe, in sächsisches Wohneigentum gesteckt. „Ich meinte, damit etwas Gutes zu tun." Weder habe er unrechtmäßig Förderprogramme in Anspruch genommen, noch habe er als Finanzstaatssekretär Einfluss auf die Förderpraxis der Sächsischen Aufbaubank genommen.
Nur die Spitze des Eisbergs?
Nolle vermutet weiter, die Wohnungen in Weixdorf, Langebrück und Moritzburg seien nur die Spitze des Eisbergs. Öffentliche geförderte Wohnungen zu „Traumzinsen" seien auch anderen Landesbediensteten bis in den Kreis der Staatsminister hinein angeboten worden.
Besonders peinlich sei der Vorgang, weil sich der Verdacht aufdränge, Schmiergelder aus der Leuna-Affäre seien in Sachsen „vergoldet' worden, sagte Nolle. Hürland-Büning hatte am 27. April 2000 vor dem Bundestagsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre ausgesagt, sie habe für Beratungen um das Leuna-Geschäft 8,5 Millionen Mark erhalten. Später korrigierte sie ihre Aussage und verweigerte weitere Auskünfte.
Zu ihren Immobiliengeschäften befragt, habe Hürland-Büning der Bild am Sonntag erklärt: „Immobiliengeschäfte habe ich überhaupt nicht betrieben, also auch nicht in Dresden und Umgebung." Einzig in den 60er Jahren sei sie Immobilienmaklerin gewesen. Die Zeitung hält dem Grundbuch-Eintragungen entgegen, die sie als Eigentümerin von neun Wohnungen in Dresden-Weixdorf ausweisen sollen.
(Andreas Novak)