Karl Nolle, MdL
Frankfurter Rundschau, 04.09.2001
Skopje statt Mallorca
Flugereitschaft als staatliche Dienstleistung?
Die Gelder für die Flugbereitschaft zu verknappen wäre äußerst hilfreich, um den Regierenden zu vermitteln, dass auch ihnen staatliche Dienstleistungen nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen
Die Bundesregierung wäre gut beraten gewesen, bei der Nutzung der Bundeswehr-Flugbereitschaft wenigstens vom kommenden Jahr an für mehr Klarheit zu sorgen. Seit Jahrzehnten wird die Fliegerei der Ministerinnen und Minister in einem undurchschaubaren Etatposten des Bundesverteidigungsministeriums versteckt. Aber dort gehört sie nicht hin. Die Haushaltsexperten des Bundestages haben deswegen im Januar den klugen Entschluss gefasst, jedem Ressort einen Betrag zuzuweisen, der für die Nutzung der staatlichen Airline zur Verfügung steht. Damit hätten die Minister eine interessante Erfahrung mehr gemacht: Dass staatliche Dienstleistungen auch ihnen nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.
Der Fall des Mallorca-Pendlers Rudolf Scharping zeigt beispielhaft, weswegen eine Verknappung der Gelder für die Flugbereitschaft äußerst hilfreich wäre. Keine Frage, die Flüge sind rechtlich nicht zu beanstanden. Wenn Minister die Ausgaben für Flüge an den Urlaubsort aber spitz abrechnen müssten, dann hieße das gleichzeitig, dass ihnen dann weniger Geld für rein dienstliche Flüge zur Verfügung stünde. Für Scharping hätte dies im Zweifelsfall die Entscheidung zwischen einmal mehr Skopje oder eben Mallorca bedeutet.
Abwägungen dieser Art sollten selbst die ersten Diener dieses Staates treffen müssen. Die Haushälter des Bundestages dürfen nun nicht lockerlassen. Auch SPD und Grüne sollten mit dafür sorgen, dass ihr Entschluss für ein Stück mehr Klarheit auch umgesetzt wird. Die Möglichkeit dazu haben sie. Beim Haushalt hat das Parlament das letzte Wort.
(Hilmar Höhn)