Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 05.09.2001

Datenschützer: Gefährliche Unordnung im Büro

Büro Ingrid müsste geschlossen werden
 
DRESDEN. Ministerpräsidenten-Gattin Ingrid Biedenkopf ist mit einem gesonderten Bürgerbüro in der Staatskanzlei als „Landesmutter" zur Institution gemacht worden. Viele sahen in ihr den direkten Zugang zum „König". Aber Datenschützer Thomas Giesen bemängelt, wie sie mit den Bitten und Klagen der Bürger umgeht.

Sein Bericht über das „Büro IB" wurde gestern den Landtagsabgeordneten bekannt gemacht. Auf den 24 Seiten ist eine Fülle an Versäumnissen und Schlampereien aufgeführt, die sich eigentlich keine Verwaltung leisten darf:

- Aus der Anfangszeit ihrer Arbeit zwischen 1990 und '92, als sie die Anfragen noch privat bearbeitete, fehlt jede Übersicht. Giesen hatte verwundert gefragt, wo die Aktenbände 24 bis 39 geblieben seien. Von der Staatskanzlei bekam er die Antwort, dass die Akten der „ersten 100-er Reihe" vernichtet worden seien. Weitere Aufschlüsse seien bei einem Austausch von Computern verwischt worden: Die komplette Registratur für die Zeit vor 1997 war gelöscht.

- Auch in frischen Vorgängen seit 1999 fehlten Briefe. Eine Kontrolle der Korrespondenz sei damit kaum möglich.

- In der Zeit von 1998 bis 2000 gingen 1742 Briefe ein. Aber es gab weder Eingangsstempel noch Aktenzeichen, und über ausgehende Post wurde kein Buch geführt. „Diese Unordnung ist datenschutzrechtlich gefährlich", schreibt Giesen unter Hinweis auf den zugehörigen Paragrafen.

Als besonders schlimm wertete er, dass das Büro IB ohne jede sachliche Zuständigkeit in viele Ressorts hineinregierte. Viele Mitarbeiter in den Ämtern hätten geschildert, „dass alles strammsteht, wenn das Büro IB um Bericht bittet".

Giesen forderte eine gesetzliche Grundlage für das Büro, wie es Thüringen mit der Regelung für einen Ombudsmann vorgemacht habe. Die Datenverarbeitung sei „in vielen Fällen rechtswidrig und unzulässig". Eigentlich müsse das Büro ganz geschlossen werden. Jedenfalls solle es sich darauf beschränken, Eingaben weiterzuleiten und auf Antworten zu verzichten.

Dies ist bereits geschehen. Regierungssprecher Michael Sagurna erklärte gestern, das Büro IB lasse sich inzwischen keine Kopien der Bearbeitungen mehr geben. Ein Extra-Gesetz hält er allerdings für unnötig.
(Stefan Rössel)