Karl Nolle, MdL
Thüringer Allgemeine, 01.09.2001
Duell um den Vorsitz
Auf 3. Regionalkonferenz der sächsischen CDU präsentierten sich letztmals Kandidaten für Parteispitze
Mit Spannung wurde gestern die letzte von drei Regionalkonferenzen erwartet, auf denen sich die beiden Spitzenkandidaten der sächsischen CDU für das Amt des Landeschefs bei der Parteibasis vorstellen. Seit zwei Wochen reisen in dieser Mission Umweltminister Steffen Flath und Ex-Finanzminister Georg Milbradt durch den Freistaat. Wer neuer Chef der Sachsen-Union und damit wahrscheinlich Nachfolger von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf im Jahre 2003 wird, entscheidet der Parteitag am 15. September. Bisher stand es unentschieden.
Auf der Regionalkonferenz in Zwickau hatte Flath das Vertrauen für sich gewinnen können. Einen Tag später in Bautzen sahen Beobachter Milbradt am Zuge. Auch Leipzig wurde gestern zu seinem Heimspiel. Die über 500 Besucher klatschten schon vor seiner Rede. Manche hatten gar Plakate mitgebracht. Milbradt für Sachsen stand darauf. Seine Argumente waren längst bekannt, wie die von Flath. Arbeitslosigkeit, Abwanderung, Osterweiterung der EU und Familienpolitik sehen beide Kandidaten als die wichtigsten Aufgaben für die nächsten Jahre. Milbradt erneuerte seine Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten: Wenn die Partei das will, stehe ich auch für dieses Amt zur Verfügung. Steffen Flath möge in diesem Fall sein Stellvertreter werden.
Der so angesprochene blieb in seiner Rede zunächst ruhig. Doch dann teilte er aus. Auf dem bevorstehenden Parteitag sei das Amt des Landesvorsitzenden zu vergeben, nicht das des Ministerpräsidenten. Es ist mir im Traum nicht eingefallen, Autogrammkarten drucken zu lassen, sagte Flath in Anspielung auf Milbradt, der diese hat auslegen lassen. Natürlich stünde auch er für das Amt des Ministerpräsidenten zur Verfügung, aber ich bleibe mir treu: Es geht um den Landesvorsitz. Mit Gelächter und Buhrufen wurde Flaths Verweis auf den Wahlvorgang bedacht: Ganz gleich, was passiert, lassen sie sich nicht unter Druck setzen. Für Aufregung hatte in den vergangenen Tagen in Sachsen eine Personaldebatte gesorgt, bei der offenbar um Posten in der Regierung geschachert wurde, wenn für Flath gestimmt werde. Ministerpräsident Biedenkopf griff gestern vermittelnd in die Debatte ein und nannte das Ganze ein Missverständnis.
Die sächsische SPD beobachtete das Gerangel um die Unionsspitze mit abwartender Haltung. Erst als die Personaldebatte bekannt wurde, regte sich Widerstand. Thomas Jurk, SPD-Fraktionschef im Landtag, stellte eine entsprechende Anfrage an die Staatsregierung. Der wirtschaftspolitische Sprecher der sächsischen SPD, Karl Nolle, hält Milbradt für den Sieger des Duells. Ja er begrüßte sogar einen starken Gegner. Wir können nicht von der Schwäche der CDU leben, sagte er gegenüber dieser Zeitung. Auch der SPD stünde eine derartige Diskussion an der Parteibasis gut zu Gesicht.
(Von TA-Redakteur Karsten JAUCH, Leipzig)