Karl Nolle, MdL
Pressemitteilung, 10.30 Uhr, 27.11.2001
Biedenkopf hat Öffentlichkeit und Parlament über Diktat der Mieten durch Amigo-Investor Barth belogen
Staatskanzlei wollte Briefe von Heinz Barth offensichtlich geheimhalten
Karl Nolle (MdL)
Mitglied des Sächsischen Landtages
SPD-Obmann im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss
Tel 0173/ 9219870, 0351/31870-12, Fax 0351/31870-47
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Bärensteiner Strasse 30, 01277 Dresden
Pressemitteilung 27.11.2001
Paunsdorfaffäre: Biedenkopf kann offensichtlich Märchen und Wirklichkeit nicht mehr auseinanderhalten, wo hat er noch gelogen?
Staatskanzlei wollte Briefe von Heinz Barth offensichtlich geheimhalten ! (Seite 68 Protokoll vom 26.02.2001)
Paunsdorf
Untersuchungsausschuss
am 26. 02. 2001:
Nolle: „Hat Herr Barth diesen Vermerk vom 1.7.93 konzipiert?“ (Seite 115,
Protokoll vom 26.02.2001)
Biedenkopf: „Nein, das ist ausgeschlossen“
DRESDEN. Nach den heutigen Presseenthüllungen zu neuen skandalösen, belastenden Barth Briefen an Biedenkopf hat der Sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, Obmann seiner Fraktion im Paunsdorf-Untersuchungsauschuss, heute auf offensichtliche Unwahrheiten in den Biedenkopf-Aussagen vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss aufmerksam gemacht.
Nolle: „Biko konnte sich an die Quellen, aus denen er im Detail die Mietbedingungen aufschrieb nicht mehr genau erinnern, sagte er. Nur, dass es auf keinen Fall Heinz Barth gewesen ist, „das ist ausgeschlossen“, das wusste der greise Professor ohne zu zögern zu lügen
Nolle: „Kommissar Zufall hat jetzt, was wir damals schon vermutet haben ans Licht gebracht, was Biedenkopf (laut Protokoll S. 68) geheimhalten wollte. Biedenkopf ist der Lüge überführt.“
Nolle: „Zu fragen bleibt, was hat Ministerpräsident Biedenkopf für seine mafiosen Einflussnahmen für Heinz Barth als freundschaftliche Gegenleistung für sich oder seine Familie erhalten?“
Nolle: „Regierungssprecher Häckel hat wahrscheinlich wieder nur an Sagurnas Busenphantasie Naddel gedacht, als er gestern die Fragen der Presse mit „nichts neues“ beantwortete. Offensichtliche Lügen und mafiose Einflussnahme des Ministerpräsidenten sind eben in Sachsen nichts neues.
Nolle: „Wann zieht die CDU-Sachsen endlich die Reissleine und schickt den zur blamablen Last gewordenen altersstarrsinnigen Ministerpräsidenten an den Chiemsse. Eines ist gewiss, ausser Biedenkopfs unbestrittenen Erfolgen beim Neuaufbau Sachsens nach der Wende, werden jetzt immer mehr seine offensichtlichen Lügen, mafiosen Einflussnahmen, regierungskriminelle Untreue und seine kleinkarierte königliche Selbstbedienung im Machtrausch den Sachsen in Erinnerung bleiben. Jeder Biedenkopftag mehr ist ein verlorener Tag für den Kampf gegen Arbeitslsosigkeit, Abwanderung und gegen die überfällige Hilfe für den Sächsischen mittelständischen Unternehmen. Ein Parlamentsmehrheit in geheimer Abstimmung hat Biedenkopf schon lange verspielt.“
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DOKUMENTATION 1 :
Protokollkurzauszüge der Zeugen/Betroffenenvernahme von MP Biedenkopf am 26.2.01:
Protokoll S. 114:
„Nolle, SPD: Noch einmal zurück, Herr Ministerpräsident, zu dem Vermerk vom 1.7. an Herrn Milbradt. Ist dieser Vermerk – das ist die Aufstellung der Quadratmeter innerhalb der Konditionen – , ist dieser Vermerk von Ihnen selber konzipiert oder von Herrn Muster konzipiert worden?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ich nehme an, dass ich auf die Informationen des zuständigen Hauses zurückgegriffen habe, aber ich weiß jetzt nicht, was Sie unter „konzipiert“ verstehen? Ich habe die jedenfalls diktiert.
Protokoll S. 115:
Nolle, SPD: Es kann aber auch sein, dass der Herr Muster Ihnen konzipiert hat und Ihnen zugearbeitet hat.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, das kann nicht sein. Also das glaube ich jedenfalls nicht. Das ist nicht meine Erinnerung.
Meine Erinnerung ist, dass ich die entsprechenden Informationen bekommen habe, weil ich sie haben wollte, und dass ich das dann zusammengestellt habe. Das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr sagen, das ist jetzt acht Jahre her.
Nolle, SPD: Dass der Herr Barth das gewesen ist, - -
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, das ist ausgeschlossen.
Protokoll S. 116
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: ... weil ich da unter anderem Eindrücke wiedergegeben habe, die ich aus Gesprächen mit dem Investor gewonnen hatte. Aber nicht die Auflistung, sondern die allgemeinen Vertragskonditionen. Und das wird ja auch sichtbar aus dem Vermerk. Ich weise ja extra darauf hin.“
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DOKUMENTATION 2:
Wortprotokollauszüge der Zeugen/Betroffenenvernahme von MP Biedenkopf am 26.2.01 vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss
Seite 65
Behauptungen in die Welt gesetzt zu haben, dass ich zitiert habe aus den Akten der Staatskanzlei Seite 519 ff., und der von mir zitierte Vermerk stammt aus dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen und die darin enthaltene Frage, und dass ich aus diesem Grunde der Auffassung bin, dass die Fragestellung sehr wohl zulässig ist, wenn dort die Rede davon ist, dass die Frau des Ministerpräsidenten möglicherweise mehrere Male in Sachen Paunsdorf Mietverträge mit Herrn Dr. Muster gesprochen hat. Und wenn dies in den Akten ist, ist auch die Frage aus meiner Sicht zulässig.
Ich möchte aber jetzt zu einem weiteren Punkt kommen, dem Umgang des Ministerpräsidenten mit dem Parlament in dieser Angelegenheit.
Wir haben die Frage des Zeitpunkts, seit wann Sie das erstemal von dem Vorhaben erfahren haben, schon diskutiert. Ich brauche auf dieses Schreiben, denke ich, jetzt nicht noch einmal einzugehen. Da ist der Streitpunkt nach wie vor, ob dies 92 war oder schon zu einem früheren Zeitpunkt.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Entschuldigen Sie, wenn ich Sie da unterbreche. Es ist - - Weil Sie sagen, es sei ein Streitpunkt. Es ist völlig eindeutig, dass in dem Schreiben von 1990 vom Behördencenter keine Rede sein konnte, weil es überhaupt noch keine Überlegungen zum Behördencenter im Dezember 1990 gab.
Das Schreiben bezieht sich eindeutig und ausschließlich auf das Gesamtprojekt, was ja noch nicht einmal endgültig genehmigt war, sondern sich noch im Genehmigungsverfahren befand und erst im Sommer 1991 überhaupt ausreichend Gestalt angenommen hat. Ich möchte nur, dass das klar ist, damit nicht immer wieder behauptet wird, ich hätte gesagt, ich hätte es erst 92 erfahren und hätte es in Wirklichkeit schon 1990 gewusst. Das ist ja etwas, was in den letzten Monaten immer wieder behauptet wurde.
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Herr Ministerpräsident, in der Zuarbeit Ihres Persönlichen Referenten im Zusammenhang mit der Beantwortung der SPD-Anfrage - die Drucksache habe ich schon mehrfach genannt, die 0955 - weist Sie Ihr Mitarbeiter aber ausdrücklich auch auf dieses Schreiben vom November 1990 hin. In der Beantwortung ist dann aber wieder nur von Januar 1992 die Rede.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Aus den Gründen, die ich Ihnen gerade geschildert habe. Es ist die Pflicht meines Mitarbeiters darauf hinzuweisen, dass es möglicherweise zu dem, was ich ihm gesagt habe, einen Widerspruch geben könnte. Und ich habe ihm dann erklärt, worum es bei dem Schreiben 1990 ging, und damit war die Sache erledigt.
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Die Frage 20 des genannten SPD-Antrages lautete: Welche persönlichen Kontakte mit welchem konkreten Bezug zum Vertragsinhalt mündlicher, fernmündlicher oder schriftlicher Art zwischen dem Ministerpräsidenten und Heinz Barth gingen dieser durch Vermerk vom 1.7.1993 erfolgten „Vermittlung" voraus? In diesen Vermerk - über den war schon die Rede - waren die Mietkonditionen beinhaltet. Herr Biedenkopf bestand darauf, diese Frage 20 persönlich zu beantworten. Und er tat dies auch handschriftlich. Der erste Satz der Antwort lautete: „Es gab keine schriftlichen Kontakte." Ende des Zitats. Das war die Antwort, die der Ministerpräsident dem Parlament gegenüber geben wollte.
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Seite 66
Leider hatte Herr Biedenkopf die vorhergehenden Fragen nicht gründlich genug gelesen, denn in der Stellungnahme zu Frage 10 heißt es - Zitat:: "Der Ministerpräsident hat vom Investor Herrn Barth mit Schreiben vom 6.1.93 eine Aufstellung der Mietflächen erhalten. Eine weitere Information erhielt der Ministerpräsident auf seine Bitte mit einem Vermerk vom 12.2.93. "
Es blieb also hier - ich sage es jetzt mal - bei dem Versuch, das Parlament nicht richtig zu informieren. Sie haben handschriftlich geschrieben: „Es gab keine schriftlichen Kontakte." Die Staatskanzlei hat festgestellt, dass es solche Kontakte gab, und sie auch in die Frage 10 eingearbeitet. Und insofern ist das Ganze am Ende noch korrigiert worden, indem man die Frage 20 dann umformulierte: „Es gab keine schriftlichen Kontakte über die oben bereits mitgeteilten hinaus." Also auch hier wollten Sie offenbar dem Parlament nicht die volle Wahrheit sagen, denn Ihre schriftliche Antwort lautete: „keine schriftlichen Kontakte mit Herrn Barth".
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Es kommt doch im Wesentlichen darauf an, was ich dem Parlament gesagt habe.
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Sie wollten schriftlich etwas anderes.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, verzeihen Sie, es kommt darauf an, was ich dem Parlament gesagt habe und nicht, wie die Willensbildung für diese Antwort intern verlaufen ist. Darüber bin ich Ihnen auch keine Rechenschaft schuldig. Ich bin schuldig ... Ihnen Rechenschaft schuldig über das, was ich dem Parlament gesagt habe, und dazu äußere ich mich.
Außerdem war die Frage, wenn ich mich richtig erinnere, im Vorfeld des 1.7. und die schriftlichen Stellungnahmen, auf die Sie Bezug genommen haben, lagen Monate vorher. Es war ja nicht die Frage gestellt worden, was ich in der ganzen Zeit seit 1992 mit Herrn Barth besprochen habe, sondern was im Vorfeld dieses 1.7.93 erfolgt ist. Und da gab es in der Tat keine schriftlichen Stellungnahmen. Und meine Mitarbeiter haben mich dann wohl - ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern - darauf aufmerksam gemacht, dass man das als eine Widersprüchlichkeit ansehen könnte. Deshalb haben wir diesen Zusatz gemacht. Und der Zusatz hat dazu geführt, dass die Antwort eindeutig ist. Und das ist der Zweck der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern.
Stellv. Vors. Dr. Hahn, PDS: Dies war aber nicht der einzige Fall, bei dem parlamentarische Anfragen nicht korrekt beantwortet wurden.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Diese Frage ist korrekt beantwortet worden. Entschuldigen Sie, so können Sie das nicht stehen lassen. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass das, was ich dem Parlament gesagt habe, richtig war. Und das haben Sie nicht bezweifelt. Sie haben sich lediglich mit dem Zustandekommen der Frage befasst, und zwar im Innenbereich.
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Herr Ministerpräsident, ich darf heute leider - das tut mir wirklich Leid, - vieles nicht kommentieren, sondern ich habe nur das Recht, Fragen zu stellen. Die Beratungssitzungen finden im Ausschuss statt. Sonst würde ich manches schon auch bewerten. Aber Sie haben gesagt, ich hätte das nicht
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Seite 68
Ich kenne die Unterlagen nicht, ich kenne die Untersuchung nicht, ich kenne die Fragen nicht, also kann ich kein Urteil darüber abgeben.
Vors. Hahn. CDU: Herr Dr. Hahn, es ist auch nicht Sache dieses Untersuchungsausschusses festzustellen, ob die wahrheitsgemäße Darstellung von Kleinen Anfragen stimmt oder nicht stimmt. Auch wenn die Kleinen Anfragen das Paunsdorf-Center betreffen, sie sind nicht mit dem Untersuchungsausschussgegenstand gedeckt.
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Die Parlamentarische Anfrage, um die es hier konkret geht, war eine Anfrage der Abgeordneten Stachorra, SPD-Fraktion. Und wenn die wahrheitsgemäß beantwortet worden wäre, hätte das Parlament möglicherweise früher Dinge verhindern können. Und insofern gehört es sehr wohl hierher, ob die Regierung das Parlament belogen hat. Das gehört auch in den Untersuchungsausschuss, wenn es um das Paunsdorf-Center geht.
Vors. Hahn. CDU: Herr Dr. Hahn; es ist nicht von dem Einsetzungsbeschluss gedeckt. Die wahrheitsgemäße Beantwortung dieser Kleinen Anfrage ist nicht durch den Einsetzungsbeschluss gedeckt. Ich kann nur nach dem Einsetzungsbeschluss verfahren und dort ist sie bei mir nicht gedeckt, meiner Ansicht nach. Bitte fahren Sie fort in Ihrer - -
Stellv. Vors. Dr. Hahn. PDS: Zu einem weiteren Punkt des Umgangs mit dem Parlament. Vom 11. Februar 2000, einen Tag nach dem Einreichen eines Berichtsantrages der SPD in Sachen Paunsdorf, gibt es einen Vermerk Ihres Büroleiters Rechentin an den Chef der Staatskanzlei - das ist die Seite 56 der Staatskanzleiakte. Darin heißt es: „Herr MP wünscht zu dem oben genannten Berichtsantrag der SPD eine gutachterliche Stellungnahme des SM Jus, zu welchen Fragen, insbesondere Fragen des Zeitpunkts der Kenntnisnahme einzelner Personen in Ministerien und Behörden etc., die Staatskanzlei die Beantwortung unter Berufung auf den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung verweigern könnte."
Als das SM Jus darin ein erhebliches verfassungsrechtliches Risiko sieht, legt die Staatskanzlei noch einmal nach. So heißt es am 23. Februar - die Seite 353 in der Staatskanzleiakte -: „Vorstellbar wäre, dienstliche interne Vorgänge von mehr privat geprägten Vorgängen abzuschichten und letztere auch bei geschlossenen Vorgängen geheim zu halten."
Herr Ministerpräsident, aus welchen Gründen haben Sie ein derartiges Gutachten verlangt und was ist im Ergebnis dieses Gutachtens abgetrennt worden an privaten Vorgängen von dienstlichen und damit dem Ausschuss vorenthalten worden und auch dem Parlament?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Im Ergebnis - - Augenblick! Dem Ausschuss ist überhaupt nichts vorenthalten worden. Im Ergebnis haben wir geprüft, wie weit der exekutive Kernbereich reicht, über den zu berichten die Staatsregierung nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht verpflichtet ist. Ich habe das wissen wollen, weil in sehr detaillierter Form auch nach Gesprächen innerhalb der Staatskanzlei gefragt worden ist.
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Seite 89
(...)
Nolle, SPD: Wenn ich als Chef eine solche Empfehlung mache, Herr Ministerpräsident, dann muss ich doch für mich eine interne Rechnung machen, was die Eckpunkte für mich selber sind, um einem solchen Modell beizutreten oder nicht.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ich verfüge über eine ganze Menge eigene Erfahrungen in diesen Dingen.
Nolle. SPD: Und diese Eckpunkte haben Sie selber ausgearbeitet?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ich habe sie nicht ausgearbeitet, aber ich habe Erfahrung mit dem, was ein solches Gebäude kostet.
Im Übrigen habe ich nicht eine Miete empfohlen, sondern ich habe gesagt, dass nach meinem Eindruck die schon ausverhandelte Miete das Mindeste ist, was der Investor erwartet, wenn das Projekt sich verwirklichen soll.
Nolle. SPD: Das heißt, ich interpretiere Sie richtig, wenn Sie dieses Schreiben als nur eine Weitergabe der von Herrn Barth Ihnen gegenüber geäußerten Vorgaben sein sollen, - -
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nur teilweise.
Nolle. SPD: -, die Sie dann sozusagen zur Exekution weitergereicht haben?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nicht zur Exekution. So einfach ist das nicht. Sondern der Text ist völlig eindeutig und bedarf keiner Interpretation.
Ich habe festgestellt im Gespräch mit dem Investor, wo die Schmerzgrenze liegt, und diese Schmerzgrenze habe ich mitgeteilt. Ich habe nicht gesagt,. dass das gemacht werden muss. Wir hätten genauso gut auch sagen können, das ist uns zu teuer, wir lassen die Finger davon. Aber wir waren nach reiflicher Überlegung- vor allen Dingen auch der Finanzminister - der Meinung, dass das eine vertretbare Lösung ist. Deshalb haben wir sie gemacht. Und diese vertretbare Lösung liegt im Rahmen des mir verfassungsrechtlich zugestandenen Ermessensspielraums.
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Seite 114
Und die zweite Frage lautet, der zweite Teil der Frage des Untersuchungsausschusses lautet:„ ... zum Nachteil des Freistaates Sachsen". Und da habe ich jetzt wirklich in den zurückliegenden fünf Stunden immer wieder deutlich gemacht, dass nach meiner Auffassung dem Freistaat Sachsen kein Schaden entstanden ist und dass wir, die Staatsregierung, diese Entscheidungen im Rahmen des Ermessens getroffen haben. Und das ist abschließend das, was ich zu dem Untersuchungsausschussauftrag sagen kann.
Vors. Hahn. CDU: Herr Dr. Hahn, keine Fragen mehr? - Gut. Gibt es noch weitere Anfragen aus dem Ausschuss? - Herr Nolle, bitte.
Nolle. SPD: Die eine Frage betrifft noch einmal die anderen Investoren, die genauso behandelt worden sind wie Herr Barth. Wären Sie bereit, Herr Ministerpräsident, diese Frage in nichtöffentlicher Sitzung zu beantworten?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ich habe Ihnen gesagt, dass ich das überprüfen muss. Ich sehe an sich keine Notwendigkeit aus meiner Sicht, über das Verhältnis zu Dritt... zu anderen Investoren in einem Untersuchungsausschuss, gleichgültig ob öffentlich oder nichtöffentlich, Auskunft zu geben. Es gibt daran nach meiner Überzeugung nur ein berechtigtes Interesse, wenn Sie mir in Bezug auf diese Aussage nicht glauben. Und ich muss Ihnen sagen, dann ist mir der Schutz der Investoren wichtiger als ... - das ist jedenfalls meine augenblickliche ...; ich werde darüber nachdenken - , dann ist mir der Schutz der Investoren wichtiger als der Glaubwürdigkeitseindruck, den ich bei einigen Mitgliedern des Ausschusses hinterlasse. Denn das ist eine Güterabwägung und ich werde diese Güterabwägung sehr ernst nehmen.
Ich bitte daher um Verständnis, dass ich jetzt auf keinen Fall etwas dazu sage, egal, ob das öffentliche oder nichtöffentliche Sitzung ist.
Wenn es ruchbar wird, dass man im Freistaat Sachsen in einem Untersuchungsausschuss die Zusammenarbeit zwischen dem Ministerpräsidenten und Investoren zu analysieren beginnt, weil man in einem konkreten Fall diese Zusammenarbeit analysiert, weil der Ministerpräsident und der Investor eng befreundet sind und weil der Verdacht der unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidung des Ministerpräsidenten bestand - das ist ja doch der Grund, warum wir hier zusammen sind. Wenn in diese Zusammenhänge die Zusammenarbeit mit anderen Investoren gezogen wird, dann könnten Folgen entstehen, die ich nicht verantworten kann. Und dass das geheim gehalten wird, das anzunehmen ist mit einem erheblichen Risiko verbunden.
Nolle. SPD: Noch einmal zurück, Herr Ministerpräsident, zu dem Vermerk vom 1.7. an Herrn Milbradt. Ist dieser Vermerk - das ist die Ausstellung der Quadratmeter innerhalb der Konditionen -, ist dieser Vermerk von Ihnen selber konzipiert oder von Herrn Muster konzipiert worden?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopfs: Ich nehme an, dass ich auf die Informationen des zuständigen Hauses zurückgegriffen hab, aber ich weiß jetzt nicht, was Sie unter „konzipiert" verstehen? Ich habe die jedenfalls diktiert.
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Seite 115
Nolle, SPD: - Weil diese Daten also - - sagen wir mal, das ist ja nicht Bestandteil Ihrer üblichen täglichen Arbeit, -
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: - Nein, ich hab das zusammengefasst.
Nolle, SPD: sich mit Zahlen von Quadratmetern und Konditionen zu befassen. Das wird doch sicherlich - -
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Wenn die Konditionen eine solche Dimension annehmen, wie das hier der Fall ist, dann ist das schon eine Sache, die mich interessiert.
Nolle, SPD: Es kann aber auch sein, dass der Herr Muster Ihnen konzipiert hat und Ihnen zugearbeitet hat.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, das kann nicht sein. Also das glaube ich jedenfalls nicht. Das ist nicht meine Erinnerung.
Meine Erinnerung ist, dass ich die entsprechenden Informationen bekommen hab, weil ich sie haben wollte, und dass ich das dann zusammengestellt habe. Das kann ich Ihnen nicht mehr sagen, das ist jetzt acht Jahre her.
Nolle, SPD: Dass der Herr Barth das gewesen ist, - -
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, das ist ausgeschlossen.
Nolle, SPD: In diesem Vermerk sind Konditionen genannt. Und zwar ist dieser Vermerk konzipiert worden am 30.6. - also geschrieben worden am 1. Juli -; gut, man kann sagen, am 30.6.
Hier sind Konditionen genannt, Herr Ministerpräsident, die erst am 24.6., notariell beglaubigt im Vertrag mit - - wegen des Rechnungshofes sozusagen festgelegt worden sind. Ist das die übliche Geschwindigkeit ?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Da ist kein Zusammenhang, sonst hätte mich der Finanzminister nicht darauf aufmerksam machen müssen, dass er bereits Verträge abgeschlossen hat.
Nolle, SPD: Das heißt also, das ist Zufall und Sie sind ganz zufällig auf die gleichen Zahlen gekommen?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Das will ich nicht sagen. „Zufällig" arbeitet mein Amt eigentlich nicht, sondern das sind interne Informationen, die wir untereinander austauschen.
Nolle, SPD: Gut. - Und dieser Vermerk, dieser umfangreiche - -?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: So umfangreich ist er nicht, dass man das sagen
könnte.
Nolle, SPD: Zwei Seiten ist der Umfang. Das war mir sehr wesentlich, - -
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Seite 116
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Wir machen schon sehr viel umfangreichere.
Nolle, SPD: Aber es geht ja um ein paar hundert Millionen, nicht, Herr Ministerpräsident!
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Das kann sein.
Nolle, SPD: Diese zwei Seiten, was ja ein wesentliches Projekt nun auch für Sie gewesen ist, wie Sie, selber sagen, ist dieser Vermerk also keine Einflussnahme? Ist das nur ein Brief? Ist es nur eine Mitteilung? Ist das sozusagen eine Information?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Herr Nolle, zwischen dem Finanzminister und mir gibt es den Zustand der Einflussnahme nicht. Das ist nicht die übliche Art, wie wir im Kabinett miteinander umgehen.
Entweder wir tauschen uns aus oder wir geben uns gegenseitig Informationen. Und jeder entscheidet in seiner Ressortzuständigkeit. Oder es gibt Konflikte zwischen den Ressorts oder zwischen den Ressortinhabern und dem Ministerpräsidenten. Dann bemühen wir uns, auf die unterschiedlichste Weise diese Konflikte auszuräumen. Und wenn das nicht geht, muss der Ministerpräsident im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz entscheiden. So funktioniert das.
Das war hier kein Gegenstand von Richtlinienkompetenz, sondern es war eine Information, von der ich glaubte, dass sie für den Finanzminister hilfreich und wichtig sein kann, weil ich da unter anderem Eindrücke wiedergegeben habe, die ich aus Gesprächen mit dem Investor gewonnen hatte. Aber nicht die Auflistung, sondern die allgemeinen Vertragskonditionen. Und das wird ja auch sichtbar aus dem Vermerk. Ich weise ja extra darauf hin.
Nolle, SPD: Meine letzte Frage: Können Sie verstehen, wenn dieser Vermerk als eine Einflussnahme interpretiert wird von Teilen der Öffentlichkeit?
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Selbstverständlich kann ich das verstehen. Wenn es vor allen Dingen dauernd behauptet wird, setzt sich das ja auch langsam fest.
Aber ich kann Sie versichern, dass es auch sehr viele Menschen im Freistaat Sachsen gibt, die nicht das Geringste dagegen einzuwenden haben, wenn ihr Ministerpräsident auf die Arbeit seiner Staatsregierung Einfluss nimmt. Und genau das ist hier geschehen, wenn Sie das schon so sehen wollen. Ich sehe es nicht so, sondern ich sage, hab Ihnen ja gesagt, was ich mit dem Vermerk bezweckt habe.
Nolle, SPD: Ja, Sie haben ja nicht Einfluss genommen, sondern Sie haben vermerkt!
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ich habe - -
Nolle, SPD: - Auf die Staatsregierung vermerkt, nicht Einfluss genommen?
(Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf lacht.)
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Seite 117
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Also - Sie machen Scherze.
Nolle, SPD: Sie habens doch gerade eben gesagt.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Nein, ich habe gesagt, dass ich dem Finanzminister mitgeteilt habe - erstens mal habe ich ein Fazit gezogen, was wir bisher haben, und hab gesagt, ich möchte gerne, dass das zustande kommt.
Wenn Sie wollen, war das eine Einflussnahme, und zwar eine Einflussnahme, die meines Amtes ist.
Nolle, SPD: Das will ich so.
Betroffener Prof. Dr. Biedenkopf: Ja; so. - Und das Zweite. Was die Konditionen angeht, habe ich mitgeteilt, dass das wahrscheinlich die untere Linie ist, zu der der Investor zu geben bereit ist. Nur darum geht's doch.
Und das ist für den Finanzminister ein wichtiger Hinweis. Und der Finanzminister hat wenige Tage später mitgeteilt, dass er auf dieser Linie bereits abgeschlossen hat. Das ist doch wunderbar. Was haben Sie eigentlich dagegen? Das zeigt, dass die Sache funktioniert.
Sie können nur etwas dagegen haben, wenn Sie meinen, dass das nicht meines Amtes sei. Es ist aber meines Amtes dafür zu sorgen, dass solche Dinge zustande kommen.
Und ich wollte, dass die Behörden gemeinsam untergebracht werden. Und ich wollte, dass sie in einem Investormodell untergebracht werden. Und wir hatten einen Investor, der bereit war, das zu tun. Und deshalb haben wir es mit diesem Investor gemacht. Und wir haben Verträge ausgehandelt. Wir haben sie nicht geschenkt, sondern wir haben sie ausgehandelt.
Und in beide Richtungen musste man nachgeben und in beide Richtungen ist nachgegeben worden.
Und was will ich denn mehr als nachher noch die spätere Bestätigung, dass wir uns im marktgerechten Bereich bewegt haben? Das wars!
Und alles andere - alles andere sind möglicherweise, weil man offenbar Probleme hat zu akzeptieren, dass jemand, der mit einem Investor gut befreundet ist, trotzdem in der Lage sei objektiv zu handeln und in erster Linie dem Wohl des Freistaates Sachsen zu dienen, sind das eben Spekulationen. Aber es sind Spekulationen.
Ich kann mehr nicht sagen als das, was ich jetzt eben noch mal vorgetragen habe.
Vors. Hahn. CDU: Herr Nolle, waren Sie fertig?
Nolle, SPD: Ja, genauso.
Vors. Hahn. CDU: Bitte schön; Herr Dr. Hahn hat das Wort.