Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 08.12.2001

Paunsdorf - Symbol für die Demontage eines Denkmals

Belastung für "König Kurt" und die sächsische Union
 
Dresden. Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) ist einiges gewohnt. Billigmiete im Gästehaus der Landesregierung, Personenschutz im Privathaus am Chiemsee, Nutzung von Dienstwagen durch seine Frau - seit "König Kurt" seinen Kronprinzen, Ex-Finanzminister Georg Milbradt (CDU), aus dem Amt beförderte, reiht sich eine Affäre an die nächste. Die brisanteste Altlast aus dem Hofstaat aber liegt in Leipzig: das Paunsdorf-Behördencenter, erbaut von Duzfreund Heinz Barth, gefördert vom Regierungschef persönlich.

Gestern ging es für Biedenkopf ans Eingemachte. PDS und SPD wollen Ehefrau Ingrid in den Zeugenstand beordern, der Untersuchungsausschuss sollte dies beschließen. Der Verdacht lautet: Die Frau des Regierungschefs sei als stille Gesellschafterin am 400-Millionen-Deal in Paunsdorf beteiligt - was diese stets bestritten hat. Seit Wochen gibt es Gezerre ums Thema, bis hin zu eidestattlichen Erklärungen, Unterlassungsklagen und allem, was sonst dazu gehört.

Für Biedenkopf ist das ein Graus. Die Querelen der vergangenen Monate, beteuerte er kürzlich in trauter Runde, hätten ihn weniger belastet; aber dass nun auch seine Frau mit in die Misere gezogen werde, sei schon ein Problem. Gestern versuchten Ausschusschef Andreas Hahn und Obmann Peter Jahr (beide CDU) dem Bedrückten ein wenig Luft zu verschaffen. Der eine stellte Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der Veröffentlichung von Akten, der andere wollte Biedenkopf lieber selbst laden - und nicht dessen Frau.

Genau deshalb kam es gestern zum Eklat im Untersuchungsausschuss. Unter Protest verließen PDS und SPD den Saal, die CDU-Mitglieder tagten alleine weiter. Der Grund: Der juristische Dienst des Landtags hatte die Ladung von Ingrid Biedenkopf prinzipiell für zulässig erklärt, die CDUwollte das nicht hören, forderte statt dessen ein weiteres Gutachten - extern erarbeitet und in schriftlicher Form. Für die Opposition ist dies eine Verletzung von Minderheitenrechten, ein "weiterer Beleg für den Herrschaftsgestus in vordemokratischer Manier", so PDS-Obmann André Hahn. CDU-Pendant Jahr wetterte im Gegenzug über die "Verhinderungshaltung" der Opposition.

Dabei hatte alles moderat begonnen. Vor rund zwei Wochen traf ein Aktenstapel aus Köln beim Landtag ein, rund 380 Blatt vom Freund Barth, eine Auswahl von Dokumenten und Briefen zu Pausdorf. Doch genau diese entpuppten sich als Giftakte wider Willen - Stück für Stück ein Beleg dafür, dass Biedenkopf sich mehr als üblich stark gemacht hat für den befreundeten Investor.

Entsprechend hart ist die Kritik. SPD und PDS werfen dem Regierungschef "Amigo-Wirtschaft" vor, sehen ihn der Lüge überführt und einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe fürs Land; der SPD-Abgeordnete Karl Nolle lästert über den Doppelsinn des Wortes "Honorarprofessor" für Biedenkopf, der Steuerzahlerbund moniert die Verletzung von Amtspflichten. Und auch in der CDU rumort es. Paunsdorf, meint der Abgeordnete Volker Schimpff (CDU), laufe "nicht gut" für die Union.

Das ist noch milde ausgedrückt. Die Affäre wird zunehmend zum Symbol für die Demontage eines Denkmals. Noch will keiner der Königsmörder sein, aber fest steht: Biedenkopf, der einstige Garant der Sachsen-Union für Wahlsiege in Serie, hat den Zeitpunkt für einen Abgang in Würde verpasst. Er sei "ein Klotz am Bein der CDU", meint SPD-Mann Nolle und weiß: Nicht wenige in der Union sehen das genauso.
(Jürgen Kochinke)