Karl Nolle, MdL
Freie Presse - Online, 12.12.2001
Biedenkopf räumt Fehler bei Ikea-Einkauf ein
Regierungschef spricht im Landtag zu Paunsdorf - CDU-Fraktion sieht keine Endzeitstimmung
Dresden (ddp-lsc). Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat in der Ikea-Affäre einen Fehler eingeräumt. Das sagte CDU-Fraktionschef Fritz Hähle am Mittwoch in Dresden nach einer Sitzung des Fraktionsvorstandes mit Biedenkopf. Der Ministerpräsident hatte in der vergangenen Woche entgegen der sonstigen Ikea-Praxis einen 15-prozentigen Rabatt von 132 Mark erhalten.
Regierungssprecher Michael Sagurna sieht in der Gewährung des Nachlasses einen Zusammenhang mit dem Amt des Regierungschefs. Ikea gewähre normalerweise nie Rabatte. «Ich glaube nicht, dass sich ein solcher Vorgang wiederholen wird», sagte Sagurna. Biedenkopf habe am Dienstag auch das Kabinett über den umstrittenen Einkauf informiert. Der Regierungschef habe dabei aber keine Wertung vorgenommen.
Neben dem Ikea-Einkauf stand am Mittwoch auch die Paunsdorf-Affäre weiter im Mittelpunkt der landespolitischen Auseinandersetzungen. Sagurna kündigte an, dass der Regierungschef entgegen ursprünglicher Absichten am Freitag im Landtag in einer Aktuellen Debatte zum Paunsdorf-Center das Wort ergreifen wird. Die Debatte mit dem Titel «Der Ministerpräsident und die Wahrheit» war von der SPD-Fraktion beantragt worden. Diese wirft Biedenkopf vor, im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss gelogen zu haben. In der vergangenen Woche hatte die SPD deshalb den Rücktritt des Regierungschefs gefordert.
Die SPD berief sich dabei auf unlängst bekannt gewordene Briefe des Paunsdorf-Investors und Biedenkopf-Freundes Heinz Barth. Darin habe der Kölner Unternehmer dem Ministerpräsidenten 1993 «klare Order» für die Mietkonditionen zum Einzug von Behörden in das Leipziger Bürocenter genannt. Biedenkopf habe sowohl Miete und spätere Kaufsumme zum Nachteil des Freistaates «an der Obergrenze» vorgeschlagen. Gegenüber dem Ausschuss habe er aber den Erhalt der Barth-Briefe bestritten.
Die CDU-Mehrheitsfraktion will Biedenkopf nach den jüngsten Vorwürfen ein zweites Mal vor den Ausschuss laden. Der Regierungschef soll am 10. Januar zu den neuen Beweismitteln Stellung nehmen. Die Fraktion geht davon aus, dass der Ministerpräsident die Oppositionsvorwürfe entkräften wird.
Fraktionschef Hähle betonte, sowohl der Ikea-Einkauf als auch die Vorwürfe in Sachen Leipzig-Paunsdorf hätten in der sächsischen Union keine «Endzeitstimmung» ausgelöst. Der Ministerpräsident sei jedenfalls nicht zum Rücktritt gezwungen. Im Übrigen sehe er keine «Lichtgestalt» für die Zeit nach Biedenkopfs angestrebter Amtsübergabe Anfang 2003: «Wir müssen jetzt mit dem ganz normalen Bodenpersonal weitermachen.»
Hähle zeigte sich verärgert über die Konfrontation der CDU mit Indiskretionen und gezielt gestreuten Vorwürfen. So seien aus dem Paunsdorf-Ausschuss Akten unzulässig an die Öffentlichkeit gelangt. Der Fraktionschef kündigte einer härtere Gangart der CDU in dem Ausschuss an, machte aber keine weiteren Angaben dazu. Die CDU wolle auch nicht die Zeugenladung von Biedenkopfs Frau Ingrid verhindern.
Der Ausschuss war im April 2000 von der PDS initiiert worden. Er soll prüfen, ob Biedenkopf oder andere Regierungsmitglieder bei der Anmietung des Paunsdorf-Centers zum Nachteil des Freistaats gehandelt haben.
(Quellen: Hähle und Sagurna vor Journalisten in Dresden)
(ddp)
12.12.2001