Karl Nolle, MdL
DNN, 17.12.2001
Biedenkopf will einen „geordneten Übergang"
Der sächsische Ministerpräsident will die Feiertage zum Nachdenken nutzen / "Ein absolut reines Gewissen"
DRESDEN. Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat am Freitag nicht ausgeschlossen, daß er schon in nächster Zukunft sein Amt an einen Nachfolger übergeben könnte. Einen sofortigen Rücktritt lehnte er aber ab, weil dies den „geordneten Übergang" gefährde, auf den er sich mit Partei und Fraktion geeinigt habe. Die am Donnerstag erhobenen Rücktrittsforderungen von vier Abgeordneten aus der eigenen Fraktion wertete er als nicht außergewöhnlich.
Der Ministerpräsident gestand jedoch ein, „in Turbulenzen" zu sein und sagte, er werde die Weihnachtstage nutzen, um die Angelegenheit zu überdenken. Derzeit führt Biedenkopf Gespräche mit dem Fraktionsvorsitzenden Hähle und dem Parteivorsitzenden Milbradt zur Klärung der Nachfolgefrage. Über Ergebnisse dieser Treffen ist bisher nichts bekannt. Die Gespräche waren erst aufgrund der jüngsten Ereignisse, vor allem durch die Ikea-Affäre, überhaupt zustande gekommen.
Der Ministerpräsident hatte am Mittwoch vor der Fraktion eingestanden, daß das Aushandeln eines fünfzehnprozentigen Rabatts in der Ikea-Filiale in Dresden ein Fehler gewesen sei, und hatte sich dafür entschuldigt. In zwei vorangegangenen Sitzungen von Teilen der Fraktion war es wegen dieser Angelegenheit und neu aufgetauchter Schreiben im Zusammenhang mit dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuß zur heftigen Konfrontation zwischen ihm und Milbradt gekommen.
Biedenkopf sagte am Freitag, er und seine Frau seien nicht von Geiz getrieben, vielmehr stellten sie gemeinsam aus ihrem privaten Vermögen jährlich 10 000 bis 20 000 Mark für karitative Zwecke zur Verfügung. Seine Frau habe im übrigen schon immer nach Rabatten gefragt, um die Möglichkeit zu helfen noch zu erhöhen. „Wir machen das, weil wir alle Ressourcen erreichen wollen, die wir erreichen können."
Es sei selbstverständlich, daß dabei auch Gegenstände für den privaten Gebrauch zu günstigeren Konditionen erworben worden sein könnten. „Meine Frau hat nie ein Buch geführt und wird auch kein Buch führen", so der Ministerpräsident. Sowohl auf die Rabatte bei Ikea als auch bei Karstadt bezogen, sagte. Biedenkopf: „Wir haben da ein absolut reines Gewissen."
In Abweichung, zu seiner Äußerung vom Mittwoch sagte er am Freitag, er habe sich vor der Fraktion für ein Mißverständnis entschuldigt, auch habe er die öffentliche Resonanz auf den Ikea-Rabatt unterschätzt. Biedenkopf unterstrich zudem, daß er sein Amt als Ministerpräsident noch nie dazu benutzt habe, um einen persönlichen Vorteil gewährt zu bekommen.
Auf den Fall Kamenz angesprochen, sagte Biedenkopf, es handele sich um einen Gesamtbetrag von 26,50 Mark. Die Landrätin habe auf der Gewerbemesse 1998 deutlich gemacht, daß sie den Betrag übernehmen werde, weil weder er noch seine Frau Geld dabei gehabt hätten.
(reb)