Karl Nolle, MdL

DNN, 19.12.2001

"Biedenkopf wird richtigen Zeitpunkt für Wechsel finden"

CDU-Landes-Chef Milbradt zeigt Respekt vor Zukunftsentscheidung des Ministerpräsidenten
 
Berlin/Dresden. Sollte sich Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Affärchen-geplagt und altersstarr für die einen, undankbar behandelt für die anderen, nicht bis Mitte Januar zu einem baldigen Rücktritt durchringen, dann wird in der Sachsen-CDUmit einer letzten Kraftprobe um den "Generationswechsel" gerechnet. Über des Regierungschefs Sprecher, Michael Sagurna, heißt es bereits, der Staatssekretär habe schon bei einem bundesweiten TV-Sender anderweitig das Weite gesucht und gefunden. Wer im Rennen zwischen Biedenkopf und Milbradt verliert als erstes dabei die Nerven? So fragen sich Beteiligte voller Spannung. Biedenkopf oder Georg Milbradt - Amtsinhaber oder Herausforderer? Der CDU-Landesvorsitzende Milbradt lässt im Interview mit unserer Zeitung noch Respekt vor der eigenständigen Zukunftsentscheidung seines einstigen Fürsprechers Biedenkopf erkennen.

Frage: Haben Sie Angst oder nur zu wenig Freunde, um mit Biedenkopf beizeiten fertig zu werden?

Georg Milbradt: Bitte nicht solche Töne. Wir haben eine kollegiale Zusammenarbeit vereinbart. Das erste Wort über den Zeitpunkt des Wechsels hat der Ministerpräsident, das zweite Wort spricht der Landesparteitag, der einen Kandidaten vorschlägt. Das letzte Wort liegt bei der Fraktion, die den Kandidaten im Landtag durchsetzen muss.

Frage: Kann die Sachsen-CDU die Bundestagswahl gewinnen, wenn sie sich nur für Rabatte und Fehler des Ministerpräsidenten rechtfertigen muss?

Georg Milbradt: Dieses Thema bekommen wir vom Tisch.

Frage: Ist die CDU noch in die Verfassung zu bekommen, damit sie nächstes Jahr die Bundestagswahl und 2004 die Landtagswahl gewinnen kann?

Georg Milbradt: Ja. Wir haben in Sachsen immer noch gute Umfrageergebnisse. Allerdings steht im Amt des Ministerpräsidenten ein Generationenwechsel bevor. Ich bin sicher, dass wir den überzeugend meistern.

Frage: Weil Sie so gut sind oder weil die anderen so viel Fehler machen oder weil die eigenen Leute so viel Fehler machen ?

Georg Milbradt: Weil die CDU die besseren Kon-zepte hat, ist sie nach wie vor die führende Kraft in Sachsen. Die Antworten der Gegenseite auf die Herausforderungen der Zukunft überzeugen niemanden.

Frage: Hat Kurt Biedenkopf noch alle Zeit der Welt, um über seine politische Zukunft und über die der anderen zu entscheiden?

Georg Milbradt: Sachsen verdankt Kurt Biedenkopf eine gute und sehr erfolgreiche Zeit. Er kennt deshalb seine Verantwortung für das Land am besten. Er wird den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel finden.

Frage: Vor einem Millionen-Publikum macht sich Wetten-dass-Gottschalk über Ministerpräsident Biedenkopf als Freikarten- und Rabatt-König lustig, und das Publikum applaudiert begeistert. Was halten Sie von solcher Art Fernseh-Unterhaltung?

Georg Milbradt: Klamauk interessiert mich nicht. Ich kann auch nicht über jeden Witz lachen. Aber die Politik sollte auch keine Vorlagen für solche Witze bieten.

Frage: Wollen Sie Ministerpräsident werden?

Georg Milbradt: Wenn die Partei es will, stehe ich zur Verfügung.

Frage: Kennen Sie andere Kandidaten, außer Milbradt?

Georg Milbradt: Jeder kann kandidieren. Wir sind eine demokratische Partei.

Frage: Was passiert, wenn die Nachfolge von Biedenkopf nicht mit einem Rest an Kollegialität und Freundschaft geklärt werden kann?

Georg Milbradt: Diese Frage stellt sich nicht. Wettbewerb ist nicht Feindschaft, sondern Ausdruck von Demokratie. Das haben wir ja gerade bei den Regionalkonferenzen und auf dem Parteitag unter Beweis gestellt.

Frage: Haben Sie mehr Angst vor Biedenkopf oder vor der SPD, wenn Sie an die nächste Landtagswahl denken?

Georg Milbradt: Ich habe überhaupt keine Angst. Die CDU wird die nächste Landtagswahl wieder gewinnen. Und ich werde dazu beitragen.

Interview: Dieter Wonka, Sven Siebert