Karl Nolle, MdL
FAKTuell - Die Onlinezeitung, 19.12.2001
Biedenkopf Nachfolger: Heinz Eggert statt Milbradt?
Kommentar von Christopher Ray
Plötzlich ist er wieder im Gespräch: Heinz Eggert
"Wenn wir Biedenkopf zurücktreten wollen, dann muss Georg (Milbradt) auf das Erbe verzichten," erklärte ein Regierungsmitglied am Telefon. Wen es dann treffen würde, wusste er auch: "Da bleibt nur Eggert! Heinz Eggert moderiert ja schon in allen Medien unser derzeitiges Problem. Und das macht er glaubhaft."
Das alles hatten wir schon einmal - vor mehr als einem Jahr:
Zur Erinnerung: 11.10.2000
Und was macht Eggert heute?
Er ist der Kritiker von Innen. Das macht er medienwirksam - mit gespielter Langeweile. Fast wie ein großer Bruder, der mit wissendem Grinsen seinen kleinen Geschwistern den Weg zeigt. Ohne wirklich zu erwarten, dass sie seinen Tipps folgen. Eggert kennt aus eigener Erfahrung die Situation, wann ein Zug abgefahren ist. Deshalb hat er für die Spiele von Kurt und Georg nur ein müdes Lächeln übrig. Die streiten sich auf dem zugigen Bahnsteig noch um den Fensterplatz, wenn der Zug schon lange aus dem Bahnhof verschwunden ist.
Eigentlich hat Eggert wirklich keine Lust auf das Biedenkopf-Amt. Ämter hängen ihm schon lange zum Halse heraus. Das hat er bei unserem 99er Interview sehr deutlich gemacht.
Aber wenn er gerufen wird...
...auch und gerade Heinz Eggert ist kein Mann ohne Eitelkeiten!
Nur rufen müssen sie ihn, die Parteikollegen.
Laut! Damit es auch die Öffentlichkeit mitbekommt.
Das hat den Vorteil, dass er sich nicht einer internen Ausscheidung stellen muss.
Gerufen statt Berufen. Das ist etwas, was einem Heinz Eggert schmeicheln würde.
Das würde ihm auch die Spielräume im Amt lassen, die spektakuläre Entscheidungen möglich machen.
Und Milbradt?
Dem hat Biedenkopf in der Vergangenheit sämtliche Qualitäten abgesprochen und aus dem Amt des Finanzministers gejagt. Jetzt führt Milbradt zwar die Partei, gegen den erklärten Willen des Ministerpräsidenten, ist damit aber zu einem besonderen Grund geworden, dass Biedenkopf es sich mit seinem überfälligen Rücktritt so schwer tut.
Milbradt als Nachfolger wäre für Biedenkopf die größte denkbare Niederlage und Demütigung.
Spekulationen, weshalb jetzt die Geschichten um die Aktivitäten des Bauunternehmers Roland Ernst in die Öffentlichkeit kommen, sind erlaubt. Sowohl bei Biedenkopf-Freund Barth mit der Paunsdorf-Affäre, als auch bei den Vorgängen rund um das Herz-Kreislaufzentrum macht Georg Milbradt als verantwortlicher Finanzminister keine gute Figur.
Nach uns vorliegenden Akten ist Milbradt hier schon so heftig am Stolpern, dass er ganz leicht mit Biedenkopf zusammen auf die Nase fallen könnte.
Dazu sagt der sächsische Oppositionsabgeordnete Karl Nolle (SPD): "Der damalige Finanzminister Milbradt hatte drei Möglichkeiten, Biedenkopfs Günstlingswirtschaft für die Amigos Heinz Barth, Max Schlereth und Roland Ernst zu ermöglichen, durch aktives Tun, durch Unterlassung oder durch Wegschauen. Ich hoffe sehr, er wird sich an der Aufarbeitung der 11 Jahre "Sächsische Bananenrepublik" aktiv beteiligen und mitteilen, welche Option er damals gewählt hat. Ein demokratischer Neuanfang in Sachsen, nach Biedenkopf, setzt den Willen zur schonungslosen Aufklärung voraus, wenn man einen Schlussstrich ziehen will."
Georg Milbradt wird spätestens zum Jahresbeginn der Wind stärker ins Gesicht wehen, als bisher.
Die Zeichen stehen sogar auf Sturm.
Ein Sturm, der Milbradt zusammen mit Biedenkopf aus der sächsischen Politik blasen könnte.
(Christopher Ray) ...hier geht es zur Online-Zeitung FAKTuell