Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 20.12.2001
In der Klemme
CDU-Machtpoker
Ein falscher Zug und schon gerat man aus aussichtsreicher Position plötzlich selber in Bedrängnis. Sachsens CDU-Chef Georg Milbradt hat die Situation offenbar falsch eingeschätzt, als er und seine Getreuen in der vergangenen Woche vorsichtig das Thema Machtwechsel aufs Tableau hoben. Allein der Verdacht, Milbradt habe Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wegen dessen peinlichen Dauer-Affären zum Rücktritt gedrängt, reichte aus, um eine seit Monaten zaudernde Partei und Landtagsfraktion völlig zu verschrecken.
Nun sitzt Milbradt in der Klemme. Sein gestriger Aufruf zu Ruhe und Geschlossenheit mag taktisch geschickt sein, das eigentliche Problem löst er damit aber nicht. So lange die schweigende Mehrheit der Christdemokraten weiter vor einem Regierungschef kapituliert, der nicht merken will, dass seine Zeit um ist, muss sich der ambitionierte Nachfolger zurückhalten. Selbst wenn es am Ende fatale Folgen haben könnte, weil allen Beteiligten die Zeit im Nacken sitzt.
Sollte es Kurt Biedenkopf nämlich wirklich darauf ankommen lassen, und auch im Januar 2002 den Zeitpunkt seines Rücktritts offen lassen, stellt er seine Partei ausgerechnet im Bundestagswahljahr vor die Zerreissprobe. Damit wäre nicht nur die letzte Chance für einen halbwegs geordneten Übergang verpasst, dann droht eine neue öffentliche Schlammschlacht, bei der es am Ende nur Verlierer gibt.
(Gunnar Saft)