Karl Nolle, MdL

SPIEGEL ONLINE, 03.01.2002

SPD fordert bei Biedenkopf-Rücktritt Neuwahlen

 
Sollte Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf vorzeitig abtreten, will sich die SPD in Sachsen nicht mit einem Nachfolger von König Kurts Gnaden abfinden. Nach einem Rücktritt müssen sofort Neuwahlen her, fordern die Sozialdemokraten.

DRESDEN - SPD-Fraktionschef Thomas Jurk sagte, das wäre die logische Konsequenz aus den jüngsten Affären des Regierungschefs. Zugleich verwies er auf das Ergebnis der letzten Landtagswahl. Die 1999 erreichte absolute Mehrheit für die CDU sei auf Biedenkopfs damalige Popularität zurückzuführen und habe nichts mit der Zustimmung der Bevölkerung für die CDU-Politik zu tun. Biedenkopf ist seit Monaten wegen verschiedener Affären in der Kritik. Zum Jahreswechsel hatte er Spekulationen über einen baldigen Rücktritt neue Nahrung gegeben.

Die CDU-Mehrheit wies die SPD-Forderung als abwegig zurück. Es gebe keinen Grund für eine Selbstauflösung des Parlaments. Bei den letzten Landtagswahlen hatte die CDU mit Biedenkopf an der Spitze das dritte Mal seit der Wiedervereinigung die absolute Mehrheit gewonnen und 56,9 Prozent der Stimmen geholt. Ein neuer Landtag wird in Sachsen 2004 gewählt. Biedenkopf wollte nach früheren Plänen frühestens Ende 2002 oder Anfang 2003 aus dem Amt scheiden.

In der Partei war Ende vorigen Jahres der Druck auf den Regierungschef größer geworden, sein Amt bereits früher abzugeben. Biedenkopf ist dazu offenbar bereit. In seiner Neujahrsansprache hatte er erklärt, sich 2002 aus der Politik zurückziehen zu wollen. In einem Zeitungsinterview hatte er betont, er klebe nicht am Ministerpräsidenten-Sessel.

In der CDU-Fraktion heißt es, Biedenkopf werde keinesfalls vor dem 10. Januar zurücktreten. An dem Tag sollen der Ministerpräsident und seine Frau Ingrid vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags zum Vorwurf der Günstlingswirtschaft Stellung nehmen. Die Opposition wirft Biedenkopf vor, sich zu Lasten des Landes und zu Gunsten eines mit ihm eng befreundeten Investors für den Bau eines Behördenzentrums im Leipziger Stadtteil Paunsdorf eingesetzt und zudem den Ausschuss in der Sache belogen zu haben. Biedenkopf hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Unter Druck steht Biedenkopf auch wegen eines Einkaufs im Möbelhaus Ikea. Dort hatte seine Frau in seinem Beisein entgegen der in dem Haus üblichen Praxis einen 15-prozentigen Rabatt erwirkt.