Karl Nolle, MdL
Die Welt, 10.01.2002
Beleidigt oder nicht?
Noch eine Biedenkopf-Affäre
DRESDEN. Auf die Frau an seiner Seite lässt er nichts kommen: Sachsen-Regent Kurt Biedenkopf sieht rot, wenn Gattin Ingrid in die Kritik gerät. Als etwa der Landesdatenschutzbeauftragte das fragwürdige Gebaren des „Büro Ingrid Biedenkopf" zu kritisieren wagte, reagierte die Staatskanzlei im letzten September prompt und heftig. Mit Verve wurden sämtliche Beanstandungen an der Einrichtung, einer Art Kummerbriefkasten für das Sachsen-Volk, zurückgewiesen - wobei die Stellungnahme auch gleich noch ins Internet gestellt wurde.
Als „Rufmord" und „unglaubliche Boshaftigkeit" wertete Biedenkopf jüngst in einem Interview jene Vorwürfe, denen sich seine Frau wegen ihres Verhaltens bei Ikea ausgesetzt sah. In dem rabattresistenten Möbelhaus hatte die Landesmutter vehement auf einen Preisnachlass bestanden und ihn vom verschüchterten Personal schließlich auch erhalten. „Ach, Schätzchen, nicht doch...", besänftigte Sachsens First Lady daraufhin ihren Rage geratenen Ehemann. Nun sorgt die Tochter eines Linoleumfabrikanten erneut für Schlagzeilen: Gegen die 70-Jährige ermitteln Staatsanwälte wegen Beleidigung.
Der Vorgang (Az.: 420JS69772/01) ist brisant. „Der Mensch ist ja krank", hatte Ingrid Biedenkopf am 31. Oktober in der MDR-Talkshow „Riverboat" über den inzwischen pensionierten Staatsdiener Norbert Steiner gesagt. Vorausgegangen war eine Aussage Steiners im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss. Dort hatte der frühere Leiter des Staatlichen Liegenschaftsamtes Berichte Dritter wiedergegeben, denen zufolge sich Ingrid Biedenkopf finanziell am Bau eines Behörden- und Einkaufszentrums im Leipziger Stadtteil Paunsdorf beteiligt haben soll. Realisiert hat das Vorhaben ein enger Freund der Biedenkopfs, die allerdings sämtliche Gerüchte über die Verquickung energisch bestreiten.
Gegen Steiner geht das Ehepaar Biedenkopf inzwischen per Unterlassungsklage vor. Dieser wiederum verlangte vergeblich eine Entschuldigung für die indiskret abfällige Äußerung der Landesmutter. Nun muss die Justiz schlichten - eine sächsische Posse.
(Uwe Müller)