Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 17.01.2002

Ein miserabler Politiker

Lieber Hof verbrannt, als ihn Milbradt zu überlassen
 
DRESDEN. Über Kurt Biedenkopf kursiert schon länger ein trauriger Ausspruch in der sächsischen CDU: Wenn der mal geht, hinterlässt er keine Freunde. Das scheint sich zu bewahrheiten: Biedenkopf ist in Sachsen am Ende. Doch bevor er endgültig abtritt und sich wahrscheinlich in sein Haus am Chiemsee zurückzieht, wird schnell noch die CDU in Schutt und Asche gelegt. Geordneter Obergang? Eine Regelung im Konsens? Alles Geschwätz - Biedenkopf jagt Partei und Fraktion in die offene Auseinandersetzung um den Nachfolger. Ihm ist alles egal: die Zukunft der sächsischen Union, das Ansehen, die Chancen bei der Bundestagswahl im September. Lieber einen Haufen Trümmer zurücklassen als ein wohl geordnetes Haus mit Georg Milbradt an der Spitze.

Biedenkopf hat all jene bestätigt, die in ihm immer einen kalten Verstellungskünstler sahen, einen arroganten Egozentriker, maßlos, eitel und ohne ein Fünkchen Selbstkritik; der überhaupt nicht begriffen hat, welches späte Glück ihm in Sachsen und durch die Sachsen widerfahren ist. Der es nicht ertragen kann, dass Milbradt nicht kuschte, sondern sich gegen den Willen des Allmächtigen zum CDU-Vorsitzenden wählen ließ.

Was konnte Biedenkopf herrlich am Kohl herummeckern: Ein Altbauer sei er, der nicht abtreten wolle und so weiter. Biedenkopfs Abgang ist viel trauriger. Er zündet lieber seinen Hof an, als ihn dem ungeliebten Milbradt zu überlassen. Ein Fazit hat Biedenkopf vor einem Jahr selbst gezogen. Nicht über sich, aber auf ihn trifft es zu: "Ein hervorragender Fachmann, aber ein miserabler Politiker."
(bho)