Karl Nolle, MdL
MDR-Online, 18.01.2002
Geteilte Ansichten zur Biedenkopf-Erklärung
MDR ONLINE hat einige CDU-Kreisvorsitzende nach ihrer Meinung zur Erklärung von Biedenkopf befragt
Frederike de Haas, CDU-Kreisvorsitzende Dresden
Wie kommentieren Sie die Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Mit dem Rücktritt von Ministerpräsident. Biedenkopf geht zweifellos eine Ära zu Ende. Das in Sachsen erreichte, ist auch seine Leistung. Nun wird aber eine neue Ära beginnen."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich vertrete die Auffassung, dass der Nachfolger nach der festgelegten Prozedur bestimmt wird. Es bringt nichts, jetzt öffentlichen über den zukünftigen Ministerpräsidenten zu diskutieren. Allerdings ist der jetzige Parteivorsitzende sicher der erste Mann, der für dieses Amt in Betracht kommt."
Volker Bandmann, CDU-Kreisvorsitzender Görlitz-Stadt
Wie kommentieren Sie die Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Ich habe nicht die Absicht, den Rücktritt des erfolgreichen Ministerpräsidenten zu kommentieren."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich denke, dass der jetzige Parteivorsitzende Georg Milbradt ein geeigneter Kandidat wäre."
Peter Jahr, CDU-Kreisvorsitzender Mittweida
Wie kommentieren Sie die Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Es nützt nichts, den Auftritt des Ministerpräsidenten zu kommentieren. Ich hätte es aber besser gefunden, wenn Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt zusammen aufgetreten wären."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich bin nicht dafür, schon jetzt öffentlich über die Nachfolge von Kurt Biedenkopf zu spekulieren. Wir werden auf dem Sonderparteitag einen Kandidaten empfehlen. Derzeit gibt es allerdings nur einen."
Befragt am 17. Januar
Andrea Fischer, CDU-Kreisvorsitzende Kamenz
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Ich habe die Erklärung zur Kenntnis genommen. Es fällt mir aber schwer, ohne Rückkopplung mit dem Kreisverband hierzu Stellung zu beziehen. Ich habe wahrgenommen, dass es für Milbradt und für Biedenkopf ein schwerer Gang war. Ich finde, Prof. Milbradt hat sich gut aus der Affäre gezogen."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
“Der Kreisverband hat sich schon früh positioniert und sich klar hinter Prof. Milbradt gestellt.”
Wolfgang Leonhardt, CDU-Kreisvorsitzender Aue-Schwarzenberg
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Ich bedauere den Schritt von Biedenkopf, vor allem in der Form, in der sie erfolgte. Ich bin traurig, dass ein Mann mit solchen Verdiensten dazu gedrängt wurde, in solcher Form zu handeln. Die Ursache für Biedenkopfs Rücktritt sehe ich in erster Linie in einer Kampagne der Opposition, die menschlich unwürdig ist. Die Biedenkopf-Erklärung machte auch ein gehöriges Maß an Frustration deutlich. Ich hoffe, dass der Rücktritt nicht zur Zerfleischung der Fraktion führt. Wir sollten jetzt die Chance nutzen, uns als einige Partei zu präsentieren. Ich halte es für falsch, Einzelne zu Schuldigen zu machen."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich sehe in Milbradt einen befähigten Nachfolger. Er wird von mir auch öffentliche Unterstützung erhalten. Ich schätze seine fachliche Kompetenz. Seine Einschätzung durch Kurt Biedenkopf teile ich nicht."
Thomas Hermsdorfer, CDU-Vorsitzender Chemnitz-Stadt, Landtagsabgeordneter
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Der Rücktritt hat sich seit langer Zeit abgezeichnet. Biedenkopf hat damit weiteren Spekulationen die Grundlage entzogen. Mit dem ersten Teil seiner Erklärung bin ich einverstanden – mit dem zweiten Teil nicht. Ich halte die Angriffe auf Milbradt für unangemessen. Den Versuch, mit einer solchen Erklärung die Partei zu spalten, halte ich angesichts der Verdienste von Biedenkopf für nicht passend."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Im Augenblick gibt es nur einen Kandidaten. Ich halte Milbradt für geeignet. Mir ist nicht klar, was an ihm schlimm sein soll. Ich verstehe auch den Vorwurf der Intrigen nicht. Die gehen eher von der Staatskanzlei aus."
Kurt-Ulrich Mayer, CDU-Vorsitzender Leipzig-Stadt
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Ich schätze Biedenkopf persönlich sehr. Und seine hohen Verdienste sind nicht zu bestreiten. Ich begrüße, dass nach all den Irritationen der letzten Zeit der Rücktrittstermin vorgezogen wurde. Ich halte das insbesondere für unseren Bundestagswahlkampf für hilfreich. Aus der Erklärung von Biedenkopf sprach aber auch persönliche Verbitterung. Ob die berechtigt ist, möchte ich nicht beurteilen. Diese Verbitterung so zu äußern, halte ich persönlich nicht für politisch günstig."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Es gibt in der sächsischen CDU viele geeignete Kandidaten. In Zeiten der Rezession ist es aber besonders sinnvoll, auf einen Kandidaten mit allgemein anerkannter wirtschafts- und finanzpolitischer Kompetenz zu setzen. Die Leipziger CDU hat sich deshalb schon früh für einen CDU-Landesvorsitzenden Milbradt entschieden. Und das auch im Bewusststein, dass er ein möglicher Biedenkopf-Nachfolger ist."
Fredo Georgi, CDU-Kreisvorsitzender Vogtlandkreis
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Ich hätte mir gewünscht, dass Kurt Biedenkopf die gestern angesprochenen Probleme früher auf den Tisch gepackt hätte. Er hätte schon auf dem Glauchauer Parteitag deutlichere Worte finden sollen. Jetzt, wo Biedenkopf seinen Rücktritt angekündigt hat, ist nicht mehr viel zu ändern. Ich glaube schon, dass die Vorwürfe eine Grundlage haben. Aber die Form, in der diese Vorwürfe ausgesprochen wurden, hat mir nicht gefallen."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich sehe im Augenblick niemand, der eine tatsächliche Alternative zu Kurt Biedenkopf ist. Immerhin muss ein künftiger Ministerpräsident auch der eigenen Fraktion das Gefühl vermitteln, dass mit ihm auch die nächsten Wahlen gewonnen werden können. Im Augenblick hat nur Georg Milbradt seine Kandidatur angemeldet. Ich werde ihn auch unterstützen, wenn es keinen anderen Bewerber gibt. Aber ich hätte mir einen anderen Biedenkopf-Nachfolger gewünscht."
Bernd Lange, CDU-Kreisvorsitzender Niederschlesischer Oberlausitzkreis
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Diese Erklärung ist sehr unglücklich gewesen. Wir wollen die auch von Kurt Biedenkopf wesentlich geprägte erfolgreiche Politik fortsetzen. Da ist es wenig hilfreich, wenn ein anstehender Generationswechsel von solchen Tönen begleitet wird. Die Schärfe der Biedenkopf-Erklärung teile ich nicht. Ich sehe mich nicht in der Lage, die Vorwürfe gegen Georg Milbradt zu beurteilen. Ich habe in Glauchau ein Angebot von Milbradt wahrgenommen, mit Biedenkopf zusammenzuarbeiten. Ich bedauere, dass dieses Angebot offenbar nicht angenommen worden ist."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Ich behalte mir hier eine endgültige Entscheidung noch vor. Unser Kreisverband hat sich dazu ebenso noch nicht verständigt. Ich halte Milbradt durchaus für einen Bewerber, der in der Lage ist, das Amt des Ministerpräsidenten zu übernehmen. Es geht uns in Sachsen ähnlich wie bei der K-Frage. Es gibt mehrere geeignete Persönlichkeiten. Auch Stanislaw Tillich kann ich mir gut als Ministerpräsidenten vorstellen. Die Entscheidung muss aber gut abgewogen werden. Vor allem müssen persönliche Verletzungen vermieden werden."
Christian Rüdiger, CDU-Kreisvorsitzender Freiberg
Wie kommentieren Sie die gestrige Rücktrittserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten?
"Es steht natürlich dem Ministerpräsidenten zu, sich frei zu äußern. Seine Verbitterung war nicht zu überhören. Ich bin aber nicht in der Lage, heute zu beurteilen, ob die Angriffe gegen Prof. Milbradt berechtigt sind. Die CDU in Sachsen hat jetzt auf jeden Fall viel zu tun, um die aufgeworfenen Probleme zu prüfen und zu bereinigen."
Wer wäre für Sie ein geeigneter Biedenkopf-Nachfolger?
"Georg Milbradt hat als Vorsitzender natürlich das Recht, sich zu bewerben. Parteitag und Fraktion müssen jetzt aber prüfen, ob die Vorwürfe von Biedenkopf eine Berechtigung haben. Ich halte es für ungünstig, wenn ein angeschlagener Kandidat ins Rennen gehen würde. Als mögliche Kandidaten könnte ich mir auch de Maizière oder Tillich vorstellen. Wir sollten aber auch prüfen, ob nicht ein Kandidat von außerhalb nach den Querelen des letzten Jahres besser in der Lage wäre, die entstandenen Probleme zu lösen."
(MDR-Online)