Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 06.11.2000
Linkes Bündnis geplatzt
PDS sagt Ja zur SPD, Nein zu Kandidat Nolle
DRESDEN. Ein richtig gutes Wochenende - zumindest für OB Herbert Wagner (CDU). Karl Nolle (SPD), bisher einziger Konkurrent um den OB-Posten, kommt bei den anderen linken Parteien nicht an - de facto ist damit das linke Wahlbündnis geplatzt. Selbst die PDS gab Nolle den Laufpass. Grund: Niemand glaubt dass der SPD-Mann gegen Wagner eine Chance hat. Nur seine Parteispitze hält an ihm fest - bis jetzt...
"Wir halten Herrn Nolle für ungeeignet und chancenlos", erklärt der PDS-Chef Michael Schrader. 40 PDS-Genossen, Stadträte und Stadtvorstände, hatten sich am Wochenende in die Sächsische Schweiz zurückgezogen und berieten, wie die OB-Wahl 2001 gewonnen werden könnte. Einstimmiges Ergebnis: Ja zur SPD, Nein zu Nolle. Schrader: "Ein Bündnis mit SPD und Grünen ist weiterhin möglich. Doch wir akzeptieren nicht, dass die Sozialdemokraten einen Kandidaten festlegen, und wir sollen dann einfach so folgen. Wir haben in Dresden dreimal so viele Stimmen wie die SPD."
Überraschend: Die PDS liebäugelt noch immer mit Ex-OB Wolfgang Berghofer. "Tritt er an, müssen wir völlig neu überlegen. Es wäre blödsonnig, einen PDS-Kandidaten gegen Berghofer aufzustellen. Das nützt nur Herbert Wagner", warnt Fraktions-Chef Ronald Weckesser. Bis Ende des Jahres, so Weckesser, will Berghofer sich entscheiden, ob er im Juni 2001 antritt.
Tritt Berghofer nicht an, will die PDS wieder ihre Galionsfigur Christine Ostrowski ins Rennen schicken. Ein Duell wie 1994: Wagner gegen Ostrowski. Die Bundestagsabgeordnete traut sich sogar zu, den Amtsinhaber diesmal zu schlagen: "Die Chancen stehen 50 zu 50. Viele Dresdner haben genug vom unentschlossenen OB."
Schon die Grünen hatten beschlossen, Nolle nicht bei seiner Kandidatur zu unterstützen. Was macht diesen Mann unwählbar? "Die SPD hat in Dresden durchweg schlechte Wahlergebnisse, genau wie Karl Nolle selbst", sagt Schrader, und Christine Ostrowski fügt genüsslich hinzu: "Ich habe zur Kommunalwahl das Fünffache an Stimmen gehabt." Außerdem zweifeln die Postsozialisten an der lokalen Kompetenz von Nolle. "Ich verstehe nicht, wie jemand auf die Idee kommt, aus dem Stand eine Stadt mit 500 000 Einwohnern zu führen", sagt Schrader fast verzweifelt.
Die SPD-Spitze will an Nolle festhalten. "Bis jetzt sind wir die einzige Partei, die einen Vorschlag gemacht hat. Die Gespräche mit der PDS werden wir weiterführen", sagt die SPD-Bezirksvorsitzende Marlies Volkmer. Doch selbst an der SPD-Basis bröckelt die Unterstützung für Nolle. Christine Ostrowski: "Zu uns kommen SPD-Mitglieder und bitten uns, weiter nach einem gemeinsamen Kandidaten zu suchen. Und der soll nicht Nolle heißen."
(Kai Schulz)