Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung Dresden, 29.01.2002

Zu sanft für die Biko-Nachfolge

PSR-Umfrage contra Milbradt
 
DRESDEN. Sachsens CDU-Chef Georg Milbradt (56) steht kurz vor seinem Ziel. Wenn kein Wunder geschieht, wird er am 18. April vom Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Dank der starken Unterstützung seiner Partei. Die Menschen im Land hat er jedoch noch nicht überzeugt.

Bisher waren Milbradts Umfrage-Werte immer gut. 78 Prozent Bekanntheitsgrad. Als Ex-Finanzminister fachlich 1 a und kompetent. Jetzt fragte auch Radio PSR per TED: Ist Milbradt ein geeigneter Ministerpräsident? Die Überraschung: 77,6 Prozent waren der Meinung, er sei nicht geeignet. Nur 22,4 Prozent trauen ihm den Job zu.

Bei der Internet-Umfrage des DGB konkurriert Milbradt (38 %) mit dem noch immer beliebten Ex-Innenminister Heinz Eggert (37%). Und bei MDR online sehen ihn zwar 53 % vorn. Aber 34 % haben auch für Neuwahlen gestimmt.

Angekreidet wird Milbradt gerade das, was ihm politisch nutzt: Geduld und Gelassenheit. Wie kann ein Mann nur so ruhig bleiben, fragte da ein PSR-Hörer, wenn er von Biedenkopf so viel Prügel bezieht?

Schlucken musste er genug. Erst als miserabler Politiker beschimpft, dann als Minister gefeuert, schließlich Bikos Unterstellung, er sei ein Intrigant. Milbradt biss immer die Zähne zusammen („Sie hören von mir kein böses Wort über den MP!")

Nur einmal ließ er seinem Frust vor der CDU-Fraktion freien Lauf („Ich habe genug Kreide gefressen!"). Das war hinter verschlossenen Türen. Resultat: einige Abgeordnete rückten erschrocken von Milbradt ab.

So ein kleiner Wutausbruch in aller Öffentlichkeit hingegen hätte ihn bei den Wählern ein bisschen menschlicher gemacht.
(Bernd Schullcke)