Karl Nolle, MdL
Berliner Zeitung, 17.01.2002
Kurt Biedenkopfs verpatzter Abgang
Kurt Biedenkopf scheidet mit Groll aus seinem Amt
DRESDEN.Er fühlt sich von der Führung seiner Landespartei im Stich gelassen. Doch die Schuldzuweisung trifft die Falschen. Befangen in Altersstarrsinn und Selbstüberschätzung mag er nicht einsehen, dass die Entlassung von Georg Milbradt als Finanzminister ein großer politischer Fehler war. Mit rechthaberischer Verbissenheit setzt er offenbar den Kampf gegen seinen Widersacher, der es gegen seinen Willen zum Landesparteichef gebracht hat, fort. In der trügerischen Hoffnung, sein Einfluss reiche noch aus, um dem einstigen Weggefährten den Weg in die sächsische Staatskanzlei zu versperren.
Biedenkopfs Abgang ist ein Lehrstück über die Unfähigkeit großer Politiker, zum richtigen Zeitpunkt von der Bühne abzutreten. Seine Verdienste um den Aufbau des Freistaates sind unbestritten. Doch er konnte, bestärkt von seiner Frau, nicht loslassen. Je mehr er sein Amt als "König Kurt" zur Regentschaft überhöhte, je selbstgefälliger und abgehobener er agierte, desto unfähiger wurde er, Kritik an seinen höfischen Allüren oder an fragwürdigen Freundschaftsdiensten gegenüber Investoren als berechtigt zu begreifen. Irgendwann war der Realitätsverlust so weit fortgeschritten, dass er nicht einmal mehr merkte, dass er der eigenen Partei mehrheitlich zur Last geworden war. Die zur fixen Idee gewordene Vorstellung, niemand nach ihm könne das Land so gut regieren wie er, ist für die CDU eine schwere Hypothek. Georg Milbradt will versöhnen, doch Biedenkopf spaltet. Was aus der Partei wird, ist ihm vermutlich gleichgültig. Für seine politischen Erben ist es höchste Zeit, erwachsen zu werden und sich von ihm zu lösen.
(Peter Pragal)