Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 23.01.2002
De Maiziere steht nicht als Ministerpräsident zur Verfügung
In einer persönlichen Erklärung hat Finanzminister Thomas de Maiziere (CDU) am Mittwoch die CDU - Landtagsabgeordneten über seinen Verzicht auf eine Bewerbung um das Amt des Ministerpräsidenten informiert.
DRESDEN. Finanzminister Thomas de Maiziere (CDU) steht nicht als sächsischer Ministerpräsident zur Verfügung. In einer persönlichen Erklärung vor der CDU-Landtagsfraktion teilte er am Mittwoch in Dresden mit, dass er nicht gegen CDU-Landeschef Georg Milbradt kandidieren wird. Damit bleibt Milbradt in der sächsischen Union einziger Bewerber um die Nachfolge von Kurt Biedenkopf (CDU), der im April vom Amt des Regierungschefs zurücktreten wird. Über Biedenkopfs Nachfolger will die CDU voraussichtlich im März auf einem Sonderparteitag entscheiden.
Erklärung von Thomas de Maiziere
... Für dieses wichtigste Amt in Sachsen als geeigneter Kandidat genannt zu werden, empfinde ich nicht als ehrenrührig. Im Gegenteil. Dies gilt, obwohl ich weiß, dass manche, die über mich gesprochen haben, ein Motiv zunächst in einer Gegenkandidatur zu Georg Milbradt gesucht hatten.
In diesen letzten Tagen bin ich von vielen in unserer Partei und Fraktion offiziell und informell auf eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten angesprochen worden. Ich selbst habe in der Tat über eine Kandidatur nachgedacht und darüber mit einigen Parteifreunden in und außerhalb Sachsens gesprochen...
Die Frage war (...) für mich folgende: Wäre eine Kandidatur von mir dazu angetan, die jeweilige Minderheit nach der Abstimmung gewissermaßen «mitzunehmen» und einzubringen in ein anschließend gemeinsames Votum? Oder würde eine solche Auswahlentscheidung eine Zerreißprobe für Partei und/oder Fraktion zur Folge haben, die schwerlich wieder zu kitten ist, ganz gleich wer gewonnen hätte?
Ich glaube, dass Georg Milbradt und ich das persönlich hinbekommen hätten. Ob aber das Umfeld und die Presse mit Rückwirkungen in Partei und Fraktion das auch hinbekommen hätten, ist zweifelhaft und unwahrscheinlich.
Deshalb halte ich es für unerlässlich, Geschlossenheit zu zeigen und zu praktizieren. Eine streitige Gegenkandidatur meinerseits zu Georg Milbradt würde diesem Ziel unter den gegebenen Umständen letztlich abträglich sein. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung...
Was wir jetzt brauchen, ist eine Bündelung aller Kräfte auf einen Wahlsieg in diesem Jahr und vor allem im Jahr 2004. Da können wir uns so genannte «Lager» nicht dauerhaft leisten. Man muss nicht immer aufs engste befreundet sein in der Politik. Aber wir haben gemeinsame Interessen, um der Sache willen und für unsere Mehrheitsfähigkeit.
Wir sollten ab sofort zu der guten alten Erkenntnis zurückfinden, dass man öffentlich den politischen Gegner kritisiert, nicht aber die eigenen Parteifreunde, erst Recht nicht den Ministerpräsidenten, den alten und einen neuen übrigens. Und interne Debatten sollten intern bleiben.
Die neue Mannschaft (einschließlich Frauen, versteht sich) sollte so sein, dass sich darin alle wiederfinden, die geeignet sind. Niemand sollte ausgeschlossen sein, der einen guten Beitrag zur Zukunft Sachsens leisten kann. Auch Georg Milbradt muss und wird seinen Beitrag zur Integration und zu einem neuen Konsens leisten.
Und wir sollten dann Kurt Biedenkopf bitten, mit dieser Mannschaft, mit diesem Team ebenfalls mitzugehen und uns in den Wahlkämpfen mit seinem Rat und seinem Ansehen zu helfen. Vielleicht braucht es dazu etwas Zeit. Diese Zeit sollten wir uns und ihm aber geben. Geduld ist auch in der Politik eine Tugend...
(ddp)