Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 13.02.2002
Büro Ingrid Biedenkopf: Nach sieben Jahren macht der Kummerkasten dicht
Trotz Postflut zieht sich auch die Premiersgattin zurück
Das Jahr begann für die drei Mitarbeiterinnen des Büros von Ingrid Biedenkopf erfreulich. Vor wenigen Tagen bezog man frisch renovierte Räume im Dresdner Regierungsviertel, nachdem das alte Domizil auf der Schevenstraße - dem ehemaligen Gästehaus der Landesregierung - Ende vergangenen Jahres aufgegeben werden musste. Gestern kam dann allerdings eine denkbar schlechte Nachricht hinzu: Wenn Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) am 18. April sein Amt aufgibt, ist auch Schluss mit dem Bürgerbüro seiner Gattin. Die als "Sachsens Kummerkasten" bekannte Einrichtung wird damit nach sieben Jahren endgültig aufgegeben. Deutschlandweit ist das Bürgerbüro der Ehefrau des sächsischen Ministerpräsidenten, welches bereits seit 1995 unter einem eigenen Haushaltstitel aus der Staatskasse finanziert wird, eine Einmaligkeit geblieben. Allein dieses Jahr schießt der Steuerzahler rund 116 000 Euro zu. Begründet wird dies alles mit dem Aufwand für die Bearbeitung und Weiterleitung von rund 2 500 Bürgerbriefen, die jedes Jahr direkt an Ingrid Biedenkopf gerichtet sind. Der darauf folgende persönliche Einsatz, mit denen die heute 70-Jährige viele große und kleine Sorgen der Sachsen anging, blieb jedoch umstritten.
Neben genervten Ministeriumsmitarbeitern, die sich hinter vorgehaltener Hand über eine Bevormundung durch "Frau Ministerpräsidentin" mokierten, stichelte auch die Opposition regelmäßig. Zuletzt wurde die Verfassungsmäßigkeit des Bürgerbüros im Oktober 2001 vom Landtag überprüft - und bestätigt. Premier Biedenkopf selber wurde gerade in den vergangenen Monaten der wachsenden Kritik an seiner Amtsführung nicht müde, ständig auf die aufwendige Arbeit seiner Gattin zu verweisen. Selbst ein heftig kritisierter Rabatt, den Biedenkopfs bei einem Privateinkauf in einer Ikea-Filiale ausgehandelt hatten, musste als Beweis herhalten. Vom gesparten Geld kaufte man kurzerhand ein Kinderbett für die Dresdner Baby-Klappe.
(Von Gunnar Saft)