Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 14.11.2000

SPD-Mann Nolle: Jede Woche ein Prozent mehr

Unternehmer startet Aufholjagd / Wolgast: "Wahl Wagners mit Berghofer sicher"
 
DRESDEN. Nach der Wahlumfrage der SZ wächst der Druck auf den designierten OB-Kandidaten Karl Nolle (SPD). Die PDS fordert seinen Rückzug, sollte Wolfgang Berghofer antreten. Doch Nolle hat trotz Kritik auch aus den eigenen Reihen mit dem Wahlkampf begonnen.
SPD-Kandidat Karl Nolle gibt sich unerschütterlich. Nur acht Prozent der Dresdner wollen ihn nach der gestrigen SZ-Umfrage als Oberbürgermeister. "Kein Wunder", sagt Nolle. "Viele Wähler kennen mich ja noch gar nicht." Doch wenn er erstmal mit Inhalten für ein modernes, innovatives Dresden werbe, werde sich das schlagartig ändern.

Frust an der Parteibasis

Obwohl die SPD-Basis erst am 6. Januar über die OB-Kandidatur des 55-Jährigen entscheidet, hat der SPD-Stadtausschuss schon grünes Licht für Nolles Wahlkampf gegeben. Vergangene Woche tourte er bereits durch die Neustadt. "Mein Ziel ist jede Woche ein Prozent Stimmen mehr", sagt er. "Dann habe ich CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner zur Wahl überrundet."
In der PDS, die Nolle als Bündniskandidaten ablehnt, schüttelt man nur den Kopf. "Die Umfrage hat gezeigt, dass Wolfgang Berghofer mit Nolles und meinen Stimmen gewinnen könnte", sagt Christine Ostrowski, OB-Favoritin der PDS. "Ich würde für Berghofer zurücktreten." Jetzt müsse sich auch die SPD bekennen, was für sie mehr zähle: die Abwahl Wagners oder der Parteiegoismus.
Nolle freilich denkt nicht an Rückzug. "Ich hoffe sehr, dass Berghofer gar nicht erst antritt", sagt er. Enttäuschte Eitelkeiten seien noch längst kein Grund, OB zu werden.
Die Meinungen zu Berghofer, der in der SZ-Umfrage auf 25 Prozent kam, gehen nach wie vor weit auseinander. "Wenn Berghofer kandidiert, wäre die Wiederwahl Wagners gesichert", meint SPD-Bürgermeister Rolf Wolgast. Das Umfrageergebnis spiegle ein Stück DDR-Nostalgie wider, aber Berghofer sei in Dresden nicht mehr darstellbar.
Reinhard Wagner dagegen, der vom Neuen Forum kommt und heute als Parteiloser im Stadtrat sitzt, könnte sich Berghofer durchaus als OB vorstellen. "Zwar habe ich mit der SED und ihrer Nachfolgepartei nichts am Hut", sagt er. Doch Amtsinhaber Wagner mache inzwischen nur noch Parteipolitik.
Obwohl auch die Bündnisgrünen Wagner weghaben wollen, würden sie Berghofer als Preis dafür nicht akzeptieren. "Was nützt uns ein neuer OB, wenn er alte Politik vertritt", sagt Fraktionsgeschäftsführer Andreas Jahnel. Da man auch Nolle für ungeeignet halte, müsse ein völlig anderer Kandidat her.
Ein solcher bereitet sich gerade in der SPD auf seinen Auftritt vor. Reinhard Martin, Chef der Aufbaugesellschaft Prager Straße, will sich am Montag vom SPD-Ortsverein Plauen als parteiinterner Gegenkandidat zu Nolle aufstellen lassen. Vor ein paar Wochen war ihm das bereits geglückt, doch seine Nominierung wurde als formal ungültig erklärt. "Ich will, dass die SPD-Mitglieder tatsächlich zwischen zwei Kandidaten wählen können", erklärt der Dresdner seinen Schritt.
Hintergrund ist ein tiefsitzender Frust an der Parteibasis über die Art und Weise, wie Unternehmer Nolle zum SPD-Flaggschiff erklärt wurde. "Es ist beschämend, wenn erst eine Findungskommission entscheidet, bevor die Mitglieder gefragt werden", sagt SPD-Genossin Rosemarie Volkmer. Wie viele aus der Partei fühle sie sich von Nolle nicht richtig vertreten und werde gegen ihn stimmen. Volkmer: "Wie peinlich für die SPD, wenn Nolle im Januar nicht oder nur durch Parteidisziplin bestätigt wird."

Amtsinhaber: "Ich freue mich"

Angesichts der Uneinigkeit kann sich Amtsinhaber Wagner entspannt zurücklehnen. Seine Stellungnahme zur SZ-Umfrage: "Ich freue mich auf einen interessanten Wahlkampf, denn er wird viele Bürger zur Teilnahme an der Wahl mobilisieren. Die Entscheidung fällt dann am Wahltag. Dem vorgelagert sind Meinungsumfragen zwischen echten Kandidaten. Dem wiederum vorgelagert sind Meinungsumfragen zwischen Kandidaten, die noch keine sind. In dieser Phase befinden wir uns jetzt."
(Von K. Saft und M. Lesch)