Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 11.09.2002

Dresdner Fluthelfer: "Dankeschön" zum Selberlesen

Verraten, verkauft, verhöhnt!
 
DRESDEN. Verraten, verkauft, verhöhnt: Die Freiwilligen vom Grunaer Weg werden weiter von der Stadt vorgeführt. Die hatte noch am Montag großspurig versprochen: "Wir werden und bei den Helfern bedanken!" Doch daraus wurde wieder nichts.

Drei Wochen lang hatten 40 Dresdner Bürger geschuftet bis zum Umfallen: Im Grunaer Weg sammelten sie Hilfsgüter für Flutopfer und verteilten Lebensmittel in ganz Sachsen. Doch statt Anerkennung gab´s einen Tritt: Die Helfer wurden von der Stadt vor die Tür gesetzt. Der Verantwortliche für die Aktion: Peter Teichmann, OB Ingolf Rossbergs Krisenmanager.

Nachdem die Morgenpost recherchiert hatte, versprach das Rathaus eilig, sich wenigstens zu bedanken. Auf Rossbergs Anweisung traf sich Referent Teichmann gestern noch mal mit den Helfern - und die erlebten eine böse Überraschung: Statt sich ordentlich zu bedanken, verteilte Teichmann lediglich eine alte OB-Rede mit den lapidaren Worten: "Da steht das mit dem Dank drin..."

Fluthelfer Carsten Ehrenberg (31): "Die Lust zum Helfen ist uns nach der Aktion gründlich vergangen." Referent Teichmann zur Morgenpost: "Besser als der Oberbürgermeister hätte ich es auch nicht sagen können. Außerdem stand nicht der Dank im Vordergrund, sonder die Frage, wie´s weitergeht."
(tb)

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Bemerkung von Karl Nolle:

Die Absicht der Stadt, das in der Flutkatastrophe spontan entstandene Fluthilfelager für Sachspenden in eine formalisierte und geordnete Form zu überführen ist nicht zu kritisieren. Dies kann aber nicht in brüskierender Form, über die Köpfe der vielen jungen Leute hinweg durchgeführt werden. Sie haben über drei Wochen in Tag und Nachtarbeit mit ungeheurem Engagement ohne Entgeld und ohne Tarifarbeitstag dieses größte Hilfelager in Dresden aufrechterhalten. Sie haben den Raum Dresden bis Weesenstein und Glashütte z.T. mit Privat-PKW mit dringend benötigten Sachen, Getränken und Lebensmitteln beliefert.

Die 40 engagierten Helfer im Sachspendenlager haben ein verdammtes Recht darauf, bei beabsichtigter Auflösung oder Umstrukturierung vom OB Roßberg gehört zu werden, bevor ihnen der Stuhl vor die Tür gesetzt wird. Deshalb habe ich mich spontan als Landtagsabgeordneter persönlich eingeschaltet, als ich von den Jugendlichen um Hilfe gebeten wurde. Der nun entstandene öffentliche Druck hat, was zu erwarten war, zum Nachdenken geführt!

Die von Rathaussprecher Kai Schulz am 9.9.02 angekündigte Entschuldigung und der angekündigte Dank sind leider am 10.9.02 nicht zu hören gewesen. (Siehe auch die Auskunft von Teichmann gegenüber der Morgenpost.) Dafür hat Herr Teichmann aber die Unverfrorenheit besessen, die Kopie einer Rede des OB aus der letzten Woche an die Helfer zu verteilen. Dort könnten sie den allgemeinen Dank des OB nachlesen.

Der OB wäre gut beraten, gerade als einer vom einem breiten Bürgerbündnis gegen die verknöcherten Strukturen im Rathaus getragener OB, sich mit persönlichen Worten bei diesen Helfern für ihr bürgerschaftliches Engagement zu bedanken und sich für die kalte Gedankenlosigkeit und dümmliche Bürokratenmanier seines für die Sache verantwortlichen Grundsatzreferenten Peter Teichmann zu entschuldigen.

KARL NOLLE, MdL