Karl Nolle, MdL
umweltruf-ticker http://www.umweltruf.info/, 10.10.2002
Mittweidas Landrat soll die Fäden gezogen haben
Peniger Bauskandal: Streit um einige Zentimeter Wegerecht, MDR Journalisten Christoph Lötsch gefeuert
Mitten im Tal der Zwickauer Mulde, westlich im Landkreis Mittweida, liegt die ca. 7400 Einwohner zählende Stadt Penig. Die Gemarkung breitet sich 220 m über dem Meeresspiegel über eine Gesamtfläche von rund 11 Quadratkilometern aus. Ihre Geschichte läßt sich bis in das Jahr 1004 zurückverfolgen. Zu den beachtenswerten Bauwerken zählt auch das im Stil der Frührenaissance erbaute dreigeschossige Rathaus und in dem residiert der Bürgermeister Thomas Eulenberger (CDU). Seine kleine Stadt erscheint nun recht umrühmlich im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler, wußte der sächsische Landtagsabgeordnete Karl Nolle (SPD) heute auf einer Pressekonferenz in Dresden zu berichten.
Fall H.+M. Kempen (Peniger Bauskandal)
Eine Bauunternehmensgruppe aus Gailingen investierte in den 90er Jahren in sieben Immobilienobjekte in der sächsischen Kleinstadt Penig, Landkreis Mittweida. Die Gruppe erwarb weitere acht Objekte, um im Zentrum der Stadt ein Einkaufscenter zu errichten.
Ein Streit über einige Zentimeter Wegerecht wurden nun der Unternehmensgruppe und der Stadt Penig zum Verhängnis. Neben dem Einkaufcenter sollte ein altes Bauerngut zu einer Wohneigentumsanlage umgebaut werden. Die notwendige Zufahrt zum Grundstück war nach Ansicht des Investors nicht breit genug und die von der Stadt beigebrachte Baulast rechtlich nicht abgesichert. Besagtes Nachbargrundstück gehört mehreren Eigentümern, von denen jedoch nur einer seine Zustimmung erteilt hat. Statt nach einer unbürokratischen und dauerhaften Lösung z.B. in Form der Bestellung einer Grunddienstbarkeit zu suchen , beließ es die Stadt bei ihrer Auffassung, sie habe die vertraglichen Bedingungen erfüllt und der Kaufpreis sei fällig. Der Investor wandte sich zur Lösung dieser strittigen Frage an die Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt Mittweida, das Regierungspräsidium Chemnitz sowie an verschiedene Ministerien. Dort verharrte man und sah keinen Handlungsbedarf.
Die Stadt tat ihr übriges durch weiteres unprofessionelles Verhalten, indem die Unternehmensgruppe öffentlich angegriffen wurde. Obwohl für das Bauernhofgeschäft eine Bankbürgschaft hinterlegt war und diese von der Stadt auch abgerufen wurde, soll der Bürgermeister Thomas Eulenberger (CDU) erklärt haben, der Investor besitze keine ladungsfähige Anschrift und sei komplett verhandlungsunfähig. Notwendige Kredite zum Weiterbau sollen daraufhin von den Gläubigerbanken verwehrt worden sein. Im nachfolgenden Rechtsstreit gingen nicht nur das Bauerngut-Projekt samt weiterer Bauvorhaben den Bach runter, sondern auch die Investorengruppe pleite.
Seit Monaten beschäftigt sich der Petitionsausschuss im Sächsischen Landtag mit diesem Vorgang. Vorab ist zu vernehmen, dass die beteiligten Behörden, insbesondere die Stadt Penig, dem Grundsatz einer bürgernahen Verwaltung in keinster Weise gerecht wurden. Die Aufsichtsbehörden hätten fachaufsichtlich die Herstellung rechtmäßiger Zustände bei der Bestellung von Baulasten im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Grundstückes anmahnen können.
Fazit: Die Behörden verharrten in Untätigkeit. Durch deren Fehler können dem Freistaat Schadenersatzzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe ins Haus stehen. Um Zentimeter geht es nun nicht mehr. Der simpelste Weg aus dem Dilemma scheint zwar der zu sein, dem Investor das Wegerecht so einzuräumen, wie er es zum Bau seiner Wohnanlage benötigt. Dieser lehnt jedoch ab: "Der Zug ist abgefahren. Mein Käufer ist abgesprungen, das Fördermittelprogramm für solche Vorhaben beendet, meine Firma pleite. Was soll ich jetzt noch mit dem Weg?" Am Ende stehen eine ruinierten Firma und die Stadt Penig mit einem weiterhin unfertigen Zentrum da. War diese Zuspitzung wirklich notwendig, fragt jetzt der Bund der Steuerzahler in Sachsen e.V. in seinem Schwarzbuch 2002.
Der rührige SPD - Mann im Landtag des Freistaates hat noch weiter geforscht und dabei sind Nolle seltsame Dinge aufgefallen:
Die Kreisbehörde Mittweida, vertreten durch ihr Baurechtsamt, trug am 3.01.00 Baulasten für Wegerechte und Abstandsflächen für Kempen ein, ohne die Verwaltungsvorschrift des § 80 der sächsBO zu berücksichtigen. Sie teilt selbst schriftlich am 21.06.01 mit, sie habe angenommen die Stadtverwaltung Penig habe die Unterschrift der Bestellerin, Frau Martin, in der Stadtverwaltung entgegen genommen, und dabei die Vollmachten der Miterben geprüft.
Die Stadt Penig, Bürgermeister Eulenberger, teilt am 2.08.02 im Schriftsatz an das LG Chemnitz mit, nicht sie, sondern die Bauaufsichtsbehörde im LRA habe die Überprüfung bei der Bestellung vorgenommen. Damit steht fest, es sind Baulasten eingetragen worden, die mangels Genehmigung der Eigentümer, rechtsunwirksam sind.
Aber auch gegenüber dem Mittweidaer Landrat Dr. Andreas Schramm (CDU) hegt Nolle einen "schlimmen" Verdacht. Der soll in der ganzen Geschichte um die paar Meter Überfahrrechte parteilich eingegriffen haben, indem er als Rundfunkrat beim MDR "den Journalisten Christoph Lötsch inzwischen aus dem MDR verbannen ließ. Zwei fertige Filmberichte wurden vom Sendeplatz entfernt obwohl Sendetermine schon feststanden," weiß Nolle zu berichten.
Lötsch hatte sich an den Landrat gewandt und unter anderem gefragt, ob das Landratsamt über ein Dokument verfügt, aus dem die ordnungsgemäße Bestellung von Baulasten auf dem streitigen Grundstück der HMK in Penig hervorgeht und was Vertreter des Landratsamtes bezüglich der Bestellung von Baulasten auf dem streitigen Grundstück der HMK in Penig in den Verfahren HMK./.Stadt Penig vor Gericht ausgesagt haben.
Hartnäckig halten sich Gerüchte, nach denen sich der Landrat, als er noch keiner war, bei dem Bauunternehmer Kempen um eine Stelle beworben haben soll und dort "abgeblitzt" sei. Das, so Insider der Mittweidaer Szene würde natürlich einiges erklären. Die Spekulationen schießen im Tal der Zwickauer Mulde ohnehin kräftig ins Kraut. Von Morddrohungen gegenüber dem gescheiterten Bauunternehmer Kempen ist die Rede und der Landrat sollte sich einen Tonbandmitschnitt anhören, auf dem die "Morddrohung" aufgenommen worden sei. Vermutete doch der geschaßte MDR - Journalist, Christoph Lötsch, Landrat Dr. Schramm könne die Stimme identifizieren.
Schramm plagen derweil ganz andere Sorgen. Der christdemokratische Landrat war schon wegen seiner Einflußnahme auf die Bankgeschäfte der Kreissparkasse, durch das Bundesaufsichtsamt abgemahnt worden. Inzwischen wurde Strafanzeige wegen Betruges und Untreue in sechs Fällen gegen den Vorstand der Sparkasse gestellt.
Biedermänner, für die das Schicksal der Betroffenen keine Rolle spielt, meint der 57jährige Druckereiunternehmer, Verleger und Kunstmäzen Karl Nolle, der seit Oktober 1999 als Landtagsabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD in dem Freistadt für etwas mehr Menschlichkeit kämpft.
Für das Web editiert von: hst - Quelle: Karl Nolle sac spd
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