Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, LR, 10.10.2002

Karl Nolle wieder auf der Jagd

SPD-Landtagsabgeordneter will Missstände und mafiose CDU-Amigos ausgemacht haben
 
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, der einst gegen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zu Felde zog, ist neuen Missständen auf der Spur. Im Landkreis Mittweida (Regierungsbezirk Chemnitz) will er 23 Fälle von Betrug, Rechtsbeugung, Untreue und Vorteilsnahme gefunden haben. Nolle will „mafiose CDU Amigos" ausgemacht haben, Seilschaften von Bürgermeister über Landrat und Regierungspräsident bis zum Innenminister und zu Ministerpräsident Georg Milbradt. Alle seien über die Vorgänge umfänglich informiert, schwiegen aber.

Ausgangspunkt ist jene dubiose Geschichte des Unternehmers Heribert Kempen von Mitte diesen Jahres, der in der Stadt Penig im Landkreis Mittweida ein altes Bauerngehöft zu einer Wohneigentumsanlage ausbauen wollte. Weil die Zufahrt, die über ein fremdes Grundstück führte aber zu knapp bemessen wurde, scheiterte das Projekt. Kempens Unternehmen ging pleite. Kleine Ursache, große Wirkung.

„Wilder Osten" in Rossau

Der so genannte „Peniger Bauskandal", der Eingang in das „Schwarzbuch der Steuerzahler" fand, hatte seinerzeit sachsenweit für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt. Ministerpräsident Georg Milbradt damals erst neu im Amt, ließ sich über den Vorgang informieren, der Petitionsausschuss des Landtages ist mit dem Fall befasst. Dann nahm sich Nolle der Sache an, der weitere ähnliche Vorfälle im Reich des Landrates Andreas Schramm (CDU) von Mittweida suchte. Insgesamt 23 Fälle hat der Landtagsabgeordnete nun aufgelistet.

Allein 16 dieser Fälle beziehen sich auf die Gemeinde Rossau an der Autobahn A4. Dort, in Sachsens „sündigstem Dorf", wie Rossau auch genannt wird, muss, sofern die Fakten stimmen, Anfang 90er Jahre der „wilde Osten" geherrscht haben. Die Rede ist von einem Gewerbegebiet, dessen Fläche zwischen Gesellschaften mit identischen Gesellschaftern, dem Bürgermeister und Unternehmern aus dem Westen, gewinnträchtig hin und her verkauft worden sein soll, von Ausfallbürgschaften des Landratsamtes ohne Zweckbestimmung. Die damit erlangte Liquidität füllte die Taschen der Gesellschafter. Da ist ein Regenrückhaltebecken, das als Wasserski-Anlage genutzt, ein Hotel, dass in ein Bordell umgewandelt, ein für 59 Personen gebautes. Asylantenheim, das für 110 Personen abgerechnet wurde.

Ein Unternehmer, der in Tiefenbach auf einer Industriebrache einen Betrieb zur Umwandlung von Altreifen in Gummigranulat und Gummi-Mehle errichten wollte, soll nach erteilter Genehmigung durch das Landratsamt eine Sicherheitsleistung hinterlegen, was die Sache wieder unwirtschaftlich macht.

In Penig wird einem Investor, der ein Altenheim bauen will, verheimlicht, dass auf dem Nachbargrundstück eine lärmintensive Papierfabrik arbeitet.

Landrat ist der Schuldige

Den Schuldigen sieht Nolle vor allem in Landrat Schramm, der seine Position als Verwaltungsratvorsitzender der Sparkasse Mittweida nutze, seine Gegner finanziell in Not zu bringen und so zu maßregeln, wie es heißt.

Dienstaufsichtsbeschwerden würden nicht verfolgt oder nicht bearbeitet, Strafanzeigen niedergeschlagen, Akten an den Petitionsausschuss des Landtages nur zögerlich herausgegeben. Für Nolle ist das alles nur die „Spitze des Eisberges einer mafiosen CDU-Truppe". Er fordert nun einen Untersuchungsausschuss für Mittweida.
(VON RALF HÜBNER)