Karl Nolle, MdL
DNN, 26.09.2000
Sachsen will BMW-Werk in den Freistaat holen
Bügerinitiative will Lausitz als Standort /°Regierung gegen öffentliche Debatte
Görlitz/Dresden (dpa/sn). Sachsen will das geplante neue BMW-Werk in den Freistaat holen. Die Staatsregierung stehe bereits seit geraumer Zeit in Verhandlungen mit dem Unternehmen, erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse gestern in Dresden. Er reagierte damit auf Nachrichten aus Görlitz, wonach die Bürgerinitiative "Freistaat Lausitz" das Werk in die strukturschwache Grenzregion holen will. Vehse befürchtet allerdings, dass sich BMW angesichts der in die Öffentlichkeit getragenen Information und die Debatte darüber gegen Sachsen entscheidet.
Er sei "in höchstem Maße irritiert darüber, wie hochsensible und streng vertrauliche Ansiedlungsgespräche der Staatsregierung durch nach öffentlichem Beifall heischende Lokal- und Oppositionspolitiker in die Öffentlichkeit getragen werden", sagte Vehse. Investoren ließen sich von einer derartigen öffentlichen Diskussion eher abschrecke. Es habe bereits derart leidvolle Erfahrungen gegeben.
Chris Lenz von der Bürgerinitiative hatte gestern unter anderem erklärt, die hohe Arbeitswilligkeit der Menschen und die Ausbildungsmöglichkeiten der Region seien beste Voraussetzungen für die Errichtung des Werkes in der Lausitz. Als Grundstück für das Werk könnte eine Fläche in Kodersdorf im Niederschlesischen Oberlausitzkreis dienen. Dem Vernehmen nach haben sich bisher mehr als 50 Städte und Regionen als Standort des Werkes beworben. Die endgültige Wahl soll Mitte des kommenden Jahres getroffen werden.
Nach Ansicht des SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle könnte BMW "zum Motor für die Lausitz" werden. Die Wirtschafts- und Sozialexperten in der SPD-Fraktion unterstützen die Initiative beim Zusammentragen möglichst vieler Daten, damit eine aussagekräftige Bewerbungsmappe an den BMW-Vorstand geschickt werden könne, sagte Nolle.
Auch der CDU-Abgeordnete Marko Schiemann befürwortete alle Aktivitäten, die der Stärkung des ostsächsischen Raumes dienen und forderte seine Kollegen im Parlament zum gemeinsamen Handeln auf. Nolle solle sich bei Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für eine Ansiedlung des Werkes in der Lausitz einsetzen. Ein solche Ansiedlung könne in einer strukturschwachen Region zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit anregen, sagte Schiemann mit Blick auf die östlichen Nachbarn Sachsens, Polen und Tschechien, und die geplante EU-Erweiterung.
Die Initiative "Freistaat Lausitz" war vor einigen Wochen von Mittelständlern ins Leben gerufen worden. Schon kurze Zeit später zählt sie nach eigenen Angaben rund 1500 Mitglieder. Die Lausitz gilt als eine der Problemregionen Sachsens mit hoher Arbeitslosigkeit. In Städten wie Görlitz oder Hoyerswerda liegt die Arbeitslosenquote nach Angaben des Statistischen Landesamtes bei 21,6 Prozent beziehungsweise 24,1 Prozent.