Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 03.11.2002
LKA: "Kurt Fischer hat Mitschnitte gefälscht"
Staatsanwaltschaft vorab von Belastungszeuge informiert
CHEMNITZ/DRESDEN. Die überraschend aufgetauchten Tonband-Aufzeichnungen zur geplanten Entführung des Mittweidaer Landrates Andreas Schramm (CDU), die den verurteilten Ex-Sparkassenchef Kurt Fischer entlasten, sind nach Darstellung des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA) in Dresden und der Staatsanwaltschaft Chemnitz Fälschungen. Bereits Ende September habe der Hauptbelastungszeuge in dem Fall, Rainer Kapelke, der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass er von Fischer zur Herstellung von Mitschnitten nachgestellter und inhaltlich veränderter Gespräche gedrängt und mit dem wirtschaftlichen Ruin bedroht werde. Im Oktober, so heißt es in einer gestern verbreiteten Mitteilung beider Behörden, sah Kapelke keine Möglichkeit mehr, sich diesem Ansinnen zu entziehen.
Am Freitag hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle bei Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Beweisunterdrückung und weiterer möglicher Delikte gestellt. In Nolles Bürgerbüro war das umstrittene Material - eine bespielte Minikassette Olympus MC 60 und zwei mit dem Wortlaut dieser Aufnahmen übereinstimmende Schriftprotokolle, die auf den 21. und 26. Oktober 1995 datiert sind - anonym eingegangen. („Freie Presse“ berichtete am Sonnabend).
Die Verurteilung des früheren Sparkassenchefs gründete sich auf die nicht zu erschütternde Überzeugung der Richter, Fischer und Kapelke hätten bei dem Treffen am 21. Oktober die Tat fest vereinbart und am 26. Oktober zahlreiche Details verabredet. Davon kann in den Aufzeichnungen, die Nolle der Generalstaatsanwaltschaft übergab, aber keine Rede sein. Vielmehr wird deutlich, dass der Privatdetektiv sowie einstige Geheimdienst- und Polizeispitzel Kapelke, dessen Glaubwürdigkeit während der späteren Prozesse selbst von den Gerichten angezweifelt wurde, wegen eines dubiosen Autogeschäfts befürchten musste, von Fischer angezeigt zu werden.
(Von Sven Frommhold)