Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 11.12.2002
„Belogen, betrogen, vertrieben"
Auch der Landtag kann Bauherrn nicht helfen
DRESDEN. Ulrike Brettschneider, PDS-Fachfrau für Bauen und Wohnen im Sächsischen Landtag, drängelt nicht in die Medien. Dennoch harrte nur wegen ihr am 14. November auf der Zuschauertribüne ein Fernseh-Team bis 21.30 Uhr aus. Zu später Stunde vor leeren Zuschauerrängen erreichte ein Bauskandal aus der Muldenstadt Penig nach den höchsten deutschen Gerichten nun auch das Plenum des sächsischen Parlamentes. Alle Abgeordneten hatten die Petition Nummer 3/2898/8 in der Hand, in der Heribert Kempen Hilfe im Landtag sucht. Doch nur wenige haben wohl verstanden, dass der badische Bauunternehmer sich als Investor von sächsischen Behörden „nach allen Regeln der Verwaltungskunst belogen, betrogen und vertrieben" fühlt.
Keine Fehler erkannt, aber auch nicht aufgeklärt
Ulrike Brettschneider kennt die Petition in- und auswendig und versuchte, zu später Stunde im Plenum zu retten, was nicht gerettet werden sollte. „Wenn sich herausstellt, dass Fehler gemacht wurden, so ist das zwar ärgerlich, aber zugleich menschlich", appellierte sie an die Abgeordneten. Wer jedoch glaube, „sich durch Vertuschen, Falschaussagen oder Zurückhalten aufklärender Informationen reinwaschen zu können", sei politisch nicht tragbar. Selbst der Petitionsausschuss habe nicht alle Fragen zu der Affäre klären können, in der es letztlich um einige Quadratmeter einer Zufahrt geht, die die Stadt Penig dem Herrn Kempen nach einigen Verwaltungsfehlern verwehrt. Die Fehler wurden nicht korrigiert, sondern in mehreren Behörden vertuscht. So blamierte sich Ex-Innenminister Klaus Hardraht vor dem Landtag mit falschen Aussagen. Möglicherweise entschieden sogar Richter gegen Kempen, weil die Stadt Penig vor Gericht wahrheitswidrig aussagte. „Das kann ich mittlerweile belegen", behauptet Kempen.
Neuer Brief schon auf dem Weg nach Dresden
Der Landtag hätte die Staatsregierung mit der endgültigen Klärung der Affäre beauftragen können. Aber Ulrike Brettschneiders letzter Versuch schlug fehl. So endet die Petition reichlich eigenartig: Verwaltungsfehler wurden nicht gefunden. Dennoch rät der Petitionsausschuss der Regierung in geschraubtem Deutsch, „in der aufsichtlichen Tätigkeit bei bekannt werdenden Problemen ... ihr Informationsrecht ... im Sinne einer präventiven Kontrolle noch stärker geltend zu machen". Will heißen: Künftig bitte genauer hinsehen.
Jedes Eingeständnis von Fehlern würde sächsische Behörden Millionen kosten, da Kempens Baufirmen wegen des Streits in der Insolvenz sind. Dass Schadensersatz droht, hatte der zuständige Landrat schon vor Monaten angemeldet. Bis gestern hatte der Landtag Kempen offiziell nicht informiert, dass ihm nicht geholfen werden kann. Er weiß es natürlich längst und hat schon die nächste Petition auf den Weg nach Dresden geschickt.
(Thomas Schade)