Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 05.01.2001

Karl Nolle (SPD) verzichtet auf seine Kandidatur für die OB-Wahlen in Dresden

Jetzt Platz frei für Berghofer - SPD-Landtagsabgeordneter Karl Nolle verzichtet auf Kandidatur für Dresdner OB-Wahl
 
DRESDEN. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle hat überraschend auf seine Kandidatur für die im Juni anstehenden Oberbürgermeisterwahlen in Dresden verzichtet. Er wolle nicht der weiteren Suche nach einem gemeinsamen Kandidaten linker Parteien und Bürgervereinigungen im Wege stehen, begründete der 55-jährige Druckereibesitzer gestern in einer offiziellen Erklärung seinen Schritt. Die Dresdner SPD setzte den für morgen geplanten Nominierungsparteitag ab.

Die PDS als stärkste Oppositionsfraktion im Stadtparlament hofft, dass nunmehr der letzte Dresdner SED-OB Wolfgang Berghofer (parteilos) als überparteilicher Kandidat gegen CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner ins Rennen geschickt werden kann. Eine Kandidatur allein für die PDS hatte Berghofer bisher ausgeschlossen.

Nolle hatte am Mittwochabend bei einer Sitzung des SPD-Stadtausschusses seinen Rückzug bekannt gegeben. Daran hatte dem Vernehmen nach auch SPD-Generalsekretär Franz Müntefering teilgenommen. Er soll der Dresdner SPD zugesichert haben, bei der weiteren Kandidatensuche zu helfen. Nolle hofft, dass doch noch ein von vielen getragener Gegenkandidat zu CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner gefunden wird. "Diesem notwendigen Bündnis will ich mit meiner Person nicht im Wege stehen", sagte er. Die bisherigen Gespräche von SPD, PDS und Grünen dazu waren kurz vor Weihnachten gescheitert. Die Stadt benötige einen neuen Oberbürgermeister, um einen Wechsel herbeizuführen. "In Dresden geht es vor allem darum, endlich den Stillstand und die Unentschlossenheit in der Stadtpolitik zu beenden." Der Dresdner SPD-Stadtausschuss hatte sich im Oktober mit großer Mehrheit für eine Kandidatur Nolles ausgesprochen. Danach hatte sich bei den anderen linken Parteien im Stadtparlament Unmut geregt. PDS und Grüne halten Nolle nicht für mehrheitsfähig. Christine Ostrowski von der PDS erklärte: "Dresden braucht einen Herausforderer zum derzeitigen CDU-Amtsinhaber, der von den linken Parteien getragen wird." Sie hoffe nunmehr auf eine positive Reaktion von Berghofer, der sich aber noch immer nicht geäußert habe. Berghofer selbst war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die überparteiliche Suche nach einem OB-Kandidaten sollte schon gestern fortgesetzt werden, kündigte die im Dezember aus der Taufe gehobene "Initiative OB für Dresden" an. "Wir denken, Nolle hat gemerkt, dass er nicht mehrheitsfähig war, um für die Oppositions-Parteien Oberbürgermeister Wagner abzulösen. Das ist eine vernünftige und noble Geste", sagte Sprecherin Christiane Filius-Jehne.

Berghofer ist bereits seit Sommer als OB-Kandidat im Gespräch. Er spielte in der Wendezeit in Dresden eine bedeutende Rolle, da er als erster SED-Funktionär im Osten mit einer aus Demonstranten gebildeten Bürgervertretung, der "Gruppe der 20" sprach, und damit eine Zuspitzung der Situation in der Stadt verhinderte.

Einer jüngsten DNN-Umfrage zufolge würden sich bei einem direkten Aufeinandertreffen 34 Prozent für Berghofer und 30 Prozent für Wagner entscheiden. Knapp über 500 Dresdner waren befragt worden.
(dpa/wie)