Karl Nolle, MdL

Passauer Neue Presse, 11.12.2001

"Bei uns bekommt auch ein Herr Stoiber keinen Rabatt"

 
DRESDEN. Klarup ist ein roter Wollteppich und kostet 160 Mark und 87 Pfennige, und dabei bleibt es auch. Dass der junge Kunde Student ist, auf dem Fliesenboden seines Zimmers immer kalte Füße bekommt und eigentlich sowieso kein Geld hat, beindruckt Katerin Luther Sinkorva, Kassiererin bei Ikea in Regensburg, nicht. Auch Klapptisch Jussi und Klappstuhl Terje müssen auf Heller und Pfennig bezahlt werden. Noch nicht einmal die 100 Teelichter für 4,40 Mark gibt es als Rabatt umsonst. Insgesamt sind 380 Mark und 41 Pfennige fällig. Beim Schweden ist zwar alles billig, Rabatte gibt es aber nie. Fast nie.

Kassiererin Katerin Luther Sinkorva hat bei der Ikea-Mitarbeiter-Schulung offensichtlich besser aufgepasst als eine ihrer Kolleginnen in Dresden. Die hatte letzte Woche dem sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und seiner Frau Ingrid nach massivem Drängen 132 Mark erlassen, als diese für 880 Mark Möbel für ihre neue Wohnung in Berlin und einen karitativen Verein kauften. "Es entspricht nicht den Gepflogenheiten des Hauses, Prominenten einen Rabatt einzuräumen, offensichtlich hat hier eine Mitarbeiterin falsch entschieden", sagte eine Sprecherin der Deutschlandzentrale der schwedischen Möbelkette zu dem Vorfall.

Die Biedenkopfs, die im vergangenen Sommer mit einer Mietaffäre Schlagzeilen gemacht hatten, sind - beflügelt durch ihren Erfolg an der Kasse - offensichtlich auf den Geschmack am Feilschen gekommen: Jetzt möchten sie teure Antiquitäten aus dem Gästehaus der Staatsregierung in Dresden kaufen. Natürlich zum Vorzugspreis.

Das passt gut ins Bild des selbstherrlichen Landesvaters und seiner Gattin: Nach Angaben des SPD-Landtagsabgeordneten und Obmanns im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss, Karl Nolle, hat sich Ingrid Biedenkopf in der Vergangenheit regelmäßig im Dienstwagen der Landesregierung zum Einkaufen in die Dresdner Innenstadt fahren lassen. Ein Personenschützer habe den Einkaufskorb, ein anderer die Handtasche der Landesmutter getragen.

Soviel Glück wie Biedenkopf bei Ikea in Dresden würde der bayerische Ministerpräsident beim Schweden in Regensburg nicht haben: "Wahrscheinlich wäre es ihm sowieso peinlich, nach einem Rabatt zu fragen, aber es würde ihm auch nichts nutzen. Bei uns bekommt kein Privatkunde Rabatt, ob Sozialhilfeempfänger oder Ministerpräsident", erklärt Filialleiterin Iris Skowronek.

Das gilt auch für den Studenten, der Kassiererin Katerin Luther Sinkorva immer noch erklären möchte, dass er ohne Klapptisch Jussi und Klappstuhl Terje immer im Stehen essen muss, nicht vernünftig studieren kann, aber den vollen Preis einfach nicht bezahlen kann. Geduldig hört die Kassiererin sich die Argumente an, bevor sie freundlich aber bestimmt darauf hinweist, dass sie keinen Rabatt geben kann, "auch nicht für arme Studenten".

"Wir fahren eine absolute Niedrigpreis-Strategie. Wir kalkulieren so knapp, dass wir gar keine Rabatte geben können. Aber selbst wenn wir keinen Nachlass geben, ist es bei uns noch billiger, als wenn man bei einem anderen Möbelhaus 15 oder 20 Prozent Rabatt bekommt", meint Filialleiterin Iris Skowronek. Rabatte passen nicht in die Firmenphilosophie, heißt es an der Kasse und in der Chefetage des skandinavischen Möbelgiganten.

Auch wenn der Student an der Kasse von dieser Philosophie nichts wissen will, muss er sich letztendlich geschlagen geben. Über Terje, Klarup und Jussi wird nicht verhandelt. Basta!
(Philipp Hedemann)