Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 23.09.1999

SPD-Mann Kunckel tritt auch als Fraktionschef ab

 
DRESDEN. Drei Tage nach der verheerenden Niederlage bei den Wahlen in Sachsen hat der SPD-Politiker Karl-Heinz Kunckel erklärt, nicht wieder für den Vorsitz der Landtagsfraktion kandidieren zu wollen. Sein Nachfolger ist der 37-jährige Landtagsabgeordnete Thomas Jurk aus dem ostsächsischen Dorf Weißkeißel.

Bereits am Sonntagabend hatte der 55jährige Kunckel den Parteivorsitz niedergelegt, nachdem die Sozialdemokraten von 16,6 auf 10,7 Prozent abgestürzt waren. Kunckel betraute seine Stellvertreterin Constanze Krehl kommissarisch mit dem Parteivorsitz.

Vor der Fraktionssitzung am Mittwochmorgen ließ Kunckel eine persönliche Erklärung verteilen. Darin übte er indirekt Kritik an einigen Mitgliedern seines "Spitzenteams", mit dem er in den Wahlkampf gegen Kurt Biedenkopfs CDU gezogen war. "Die Führung der Fraktion wäre mir nur möglich, wenn es auch einen Grundkonsens in den Fragen der politischen Kultur und des solidarischen Umgangs miteinander gibt." Er stehe für einen "bestimmten politischen Stil", und den sehe er jetzt "in Frage gestellt".

Kunckels zornige Abschiedsworte richteten sich offensichtlich gegen zwei Mitglieder seines "Schattenkabinetts", den DGB-Landeschef Hanjo Lucassen und den Dresdner Druckereiunternehmer Karl Nolle. Lucassen hatte in einem Interview kritisiert, dass Wahlverlierer Kunckel kurz nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen seiner Partei schon eine Nachfolgerin präsentierte. Der neu gewählte Landtagsabgeordnete erklärte, die Europaparlamentarierin könne nur eine "Übergangslösung" sein.

Karl Nolle, ebenfalls Mitglied der 14köpfigen SPD-Fraktion, hatte Kunckels Überlegungen torpediert, Fraktionschef bleiben zu können, und gefordert, er solle den Posten nach einem Jahr räumen.
(bho)