Karl Nolle, MdL

DNN, 26.03.1999

Sozialdemokraten schicken vorwiegend altbekannte Gesichter ins Rennen um Stadtratssitze

Keine Chance für Jusos bei Kandidatenkür der SPD
 
DRESDEN. Mit altbekannten Gesichter an der Spitze und insgesamt 92 Kandidaten geht die SPD in die Kommunalwahlen im Juni: Acht von 13 Stadträten kandidieren auf den Spitzenplätzen der zwölf Wahlkreise. Fraktions-Chef Albrecht Leonhardt will im Herbst auch in den Landtag. Die hoffnungsvoll zur Nominierung angetretenen Jusos konnten sich gegen etablierte Genossen nicht durchsetzen.
Die SPD-Ortsvereine Neustadt und Mitte hatten auf ihren Wahlkreislisten zwei Studenten, Juso-Chef Michael Schiek (29) und Jens Neubauer (27) auf den aussichtsreichen Platz 1 gesetzt. Ihr Ziel: Junge Leute in die Fraktion, deren Durchschnittsalter derzeit bei 53 Jahren liegt. Fraktionsbenjamin ist Ingolf Schröter mit 39.
In Kampfabstimmungen um denSpitzenplatz unterlagen Schiek und Neubauer jedoch Stadtrat Siegfried Gäbel und Ursula Häring (40). Zweite neue Frau auf einer Top-Position ist Martina Angermann (40) aus Weißig. Im Wahlkreis 4 trifft sie im Juni auf die CDU-Spitzenfrau Christa Müller.
Die CDU hatte drei Vertreter ihres Nachwuchses, der Jungen Union, als Spitzenkandidaten nominiert, darunter eine 22jährige. Die Bündnisgrünen handelten ähnlich. "Ich bin nicht zufrieden, aber es ist nicht anders machbar", kommentierte Fraktionschef Leonhardt den Wahlausgang. Wenn sich die Jusos nicht durchsetzen könnten, so sei das auch als "Spiegel ihrer Leistungsfähigkeit" zu sehen. Mehrheitsfähigkeit erarbeite man sich nur über Jahre, sagte Unterbezirks-Chef Manfred Müntjes. Juso Willm Schmülling mochte das gegenüber den DNN nicht gelten lassen: Für Müntjes sei wohl mehrheitsfähig gleich anpassungsfähig.
Stefan Alberti
Meine Meinung
Nicht politikreif?

Eine schönere Steilvorlage
konnte die SPD kaum liefern, als ein "Ü40"-Team von Spitzenkandidaten aufzustellen. Verdrängt der Jugendparteitag 1996, der nach mehr Jugend in den Parlamenten rief. Wie will die Fraktion umfassend Politik machen wenn selbst ihr Benjamin Jahrgang '60 ist? Der sei "noch nicht politikreif", urteilten Genossen über den durchgefallenen Juso-Chef Michael Schiek. Wie der nach einer solchen Ohrfeige weiter für Nachwuchs werben soll, haben sie nicht gesagt.
Wahlkreis 1 (Altstadt): Hier will Maschinenbauinge-
nieur Siegfried Gäbel (43) auf Listenplatz 1 seinen Wiedereinzug in den Stadtrat sichern. Auf Platz 2: Jens Neubauer.
Wahlkreis 2 (Pieschen) ist das Gebiet von Fraktionsbenjamin Ingolf Schröter (39), dem Verkehrsexperten der sozialdemokratischen Fraktion. Auf Platz 2 tritt Christine Ruby an.
Wahlkreis 3 (Neustadt/Klotzsche) Hier konnte sich Wirtschaftsinge-
nieurin Ursula Häring (40) in einer Kampfabstimmung auf Platz 1 vor Juso-Chef Michael Schiek behaupten.
Wahlkreis 4
(Loschwitz/ Schönfeld-Weißig): Hier ist die Verwaltungsangestellte Martina Angermann (40) die Nummer 1 der SPD. Auf Platz 2 steigt Werner Krause in den Ring.
Wahlkreis 5 (Striesen): Hier will Bauingenieur Rüdiger Liebold (54) nach einer Pause zurück ins Rathaus, wo er 1990 als Stadtverordneter einzog. Nr. 2: Landtagskandidat Karl Nolle.
Wahlkreis 6 (Gruna/Tolkewitz): Chemiker Rainer Frömmel (53) will von hier aus weiterhin als Stadtrat Wirtschaftspolitik machen. Auf Platz 2 tritt Fraktionskollege Günter Eiselt an.
Wahlkreis 7 (Laubegast/Leuben/
Zschachwitz): Auch Rentner Bernd Grützner will es mit seinen 62 Jahren noch mal wissen und im Stadtrat bleiben. Auf Platz 2: Ursula Hüsing.
Wahlkreis 8 (Prohlis/Niedersedlitz/ Reick) ist das Revier des Fraktions-Chefs: Albrecht Leonhardt (49), der auch in den Landtag will, tritt hier als Spitzenkandidat vor Markus Krebs an.
Wahlkreis 9 (Strehlen): Claudia Strahl (39), die Schatzmeisterin der Fraktion, geht hier als Nummer 1 auf Stimmenfang. Von Platz 2 aus geht Rentnerin Margot Lösch ins Rennen.
Wahlkreis 10 (Plauen): Ingrid Buckram (64), Ex-Ballettänzerin und Seniorin der Fraktion, trifft auf die jüngste CDU-Spitzenkandidatin. Auf Platz 2: ÖTV-Sekretärin
Sigrid Müller.
Wahlkreis 11 (Löbtau/Friedrichstadt/ Cossebaude): Physiker Andreas Hermann (43) will weiter für eine belebte Innenstadt arbeiten. Auf Platz 2: Fraktionskollege Andreas Lippold.
Wahlkreis 12
(Gompitz/ Altfranken/Gorbitz): Sozialberater Rüdiger Trost (56) war von '90 bis '94 Stadtverordneter und will zurück ins Rathaus. Auf Listenplatz 2: Stefan Schmid.
(Stefan Alberti)