Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 17.05.2003

Opposition fordert mehr Hilfe für den Mittelstand

Wirtschaftspolitik hat keine Strategie / Minister weist Kritik zurück
 
Die Landtagsopposition hat von der Regierung mehr Unterstützung für den einheimischen Mittelstand und klare Aussagen zur Wirtschaftspolitik gefordert. PDS und SPD kritisierten gestern im Landtag in mehreren Debatten die Arbeit von CDU-Wirtschaftsminister Martin Gillo, der seit einem Jahr im Amt ist. Gillo wies die Vorwürfe als Polemik zurück und umriss bisher Geleistetes und strategische Ziele.

Der Minister wurde mit Stimmen von PDS und SPD zum Abschluss der Debatten aufgefordert, demnächst eine Regierungserklärung abzugeben. Die CDU-Abgeordneten enthielten sich der Stimme.

Es sei ein Unding, dass Gillo bislang noch keine Fachregierungserklärung abgegeben habe, sagte Regina Schulz (PDS). Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Karl Nolle, warf der Regierung vor, keine eigene sächsische Strategie für die Wirtschaftspolitik zu haben. Gillo habe in seinem ersten Amtsjahr kein heißes Eisen angefasst.

Gillo verwies in seiner Erwiderung darauf, dass er kurz nach seinem Amtsantritt ein 20-Punkte-Papier zur Entwicklung der Wirtschaft verfasst habe. „Dann kam die Flut, die 10 000 Unternehmen traf. Wir haben das Papier zunächst zur Seite gelegt und den Unternehmen geholfen.“ Zudem dürften die gesamtwirtschaftlichen Probleme nicht außer Acht gelassen werden.

Ziel sächsischer Wirtschaftspolitik sei es, den Freistaat langfristig zu einer der führenden Regionen in Europa zu machen. Ohne Überwindung der Stagnation in Deutschland werde das aber nicht gelingen. Zudem verwies der Minister darauf, dass während seiner Amtszeit beispielsweise ein Ansiedlungsbeauftragter berufen, die Wirtschaftsförderung gebündelt und strategisch neu ausgerichtet worden sei.

Nolle schlug eine Initiative für mehr Unternehmensgründungen vor, die auf eine direktere Förderung des Mittelstandes, Bürokratieabbau, bessere Finanzausstattung und Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte abzielt. Die Zahl der Neugründungen per Saldo sei von 6000 im Jahr 1999 auf 750 im vergangenen Jahr gesunken. Seiner Ansicht nach hat nur die SPD in Sachsen ein umfassendes Mittelstandskonzept.

Nach Angaben von Heiko Hilker (PDS) fehlen in Sachsen gemessen am Bundesdurchschnitt 50 000 Selbstständige. In den alten Ländern würden Unternehmen „aus Lust“ gegründet, im Osten sei oft die Flucht aus der Arbeitslosigkeit Grund dafür. Die Staatsregierung habe nur eine Antwort auf das Problem der fehlenden Arbeitsplätze: Die Ansiedlung großer Unternehmen. Vielmehr müsse auf Unternehmensnetzwerke sowie Forschung und Entwicklung setzen.

Gillo erwiderte, dass der Freistaat zahlreiche Initiativen zur Förderung von Mittelstand sowie von Forschung und Technologie unternommen habe, und verwies unter anderem auf die Biotechnologie-Offensive. Zudem kämen 90 Prozent der für die regionale Wirtschaftsförderungen fließenden Mittel im Freistaat kleinen und mittleren Unternehmen zu Gute. Die im Bundesvergleich zu geringe Zahl von Selbstständigen müsse im Kontext der Rezession gesehen werden.

Finanzminister Horst Metz (CDU) informierte darüber, dass er nach der jüngsten Steuerschätzung für dieses Jahr zusätzliche Einnahmeverluste von 312 Millionen Euro erwarte. Land und Kommunen stünden schmerzhafte und unvermeidbare Einschnitte bevor. (dpa/ddp/bra)