Karl Nolle, MdL
Lausitzer Rundschau, 16.09.2000
Der Lausitz gemeinsam helfen
Debatte über die Region im Landtag / Verkehrsanbindung an Europa wichtig
DRESDEN. Nach Worten von Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) ist die Verkehrsanbindung der Lausitz an Europa, an die großen Wirtschaftsströme, entscheidend für den Aufschwung der Region. Deshalb sei es erforderlich, dass der Bund die Verkehrsinvestitionen in diesem Bereich nicht weiter zurückfahre, sagte Schommer bei einer Lausitz-Debatte im Sächsischen Landtag gestern in Dresden.
Der Morgen hatte mit einer Demonstration begonnen. Einwohner des so genannten "Freistaates Lausitz" hielten eine Mahnwache vor dem Landtag ab, um damit gegen die Einstellung des diesjährigen Förderprogramms der Sächsischen Aufbaubank für Wohneigentum zu protestieren.
Debatte ohne Emotionen Die Handwerker seien auf die Aufträge für den Wohnungs- und Hausbau angewiesen, hieß es. Der virtuelle "Freistaat Lausitz" wurde von vier Mittelständlern vor rund anderthalb Wochen gegründet und hatte mit dem Wahlspruch "Die Lausitz ist der Arsch der Welt, aber der knackigste" für Aufsehen gesorgt.
Die Lausitz-Debatte Stunden später verlief weniger emotional als die Debatte um Ex-Justizminister Steffen Heitmann (CDU) zuvor. Sorge um die Entwicklung in der Region war in allen Fraktionen zu spüren. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Nolle, wiederholte seine umstrittene Äußerung vom "Ausbluten der Lausitz" und hielt der Staatsregierung zehnjähriges Versagen in der Sozial- und Wirtschaftpolitik vor.
Die Arbeitslosen der Lausitz gehörten nicht zu den Gewinnern der Einheit, sagte Nolle, der die Regierung aufforderte, von ihrer "Leuchtturmpolitik", der Förderung von Wirtschaftzentren, Abstand zu nehmen. Die Schere zwischen den Metropolen Dresden, Leipzig, Chemnitz und der armen Regionen gehe nicht zusammen. Es sei der Staatsregierung nicht mehr gelungen, als "ein paar Tante-Emma-Läden" anzusiedeln.
Heinz Lehmann, der Wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, nannte die Äußerungen Nolles "anmaßend", räumte allerdings ein, dass wegen der Unterbeschäftigung, des Lehrstellenmangels und des Abwanderungsprozesses Handlungsbedarf bestehe. Er warnte vor einer Sonderbehandlung der Lausitz, weil die Regionen Sachsens nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften.
Ingrid Mattern von der PDS mahnte, die Parteigrenzen in den Bemühungen um die Lausitz zu überschreiten. Wenn die Bundesstraße B 178 erst in zehn Jahren gebaut werde, breche die Region weg, warnte Henry Nitzsche, der wohnungs- und verkehrspolitische Sprecher der CDU. Andreas Lämmel (CDU) wies darauf hin, dass die Lausitz als "Gebiet mit besonderem Entwicklungsaufgaben" ausgewiesen sei. Die Initiativen aber müssten aus der Region selbst kommen, was Lämmel prompt die Nachfrage einbrachte, was er Leuten aus der Lausitz den raten würde. So konkret wusste der Politiker das dann auch nicht.
Für lebenswerte Lausitz
Wirtschaftsminister Schommer schließlich sicherte zu, dass eine lebenswerte Lausitz das Ziel der Staatsregierung bleiben werde. Die Lausitz sei das Gebiet in Europa mit der höchsten Förderung. In den letzten Jahren seien bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit 600 Projekte mit 220 Millionen Euro gefördert worden, 40 Prozent dieser Mittel seien in die Region Ostsachsen geflossen. Die Bundesstraße B 96 solle neu gebaut werden, gemeinsam mit Brandenburg sei es gelungen, die B 178 beim Bund als hochprioritär durchzusetzen.
(Ralf Hübner)