Karl Nolle, MdL
DNN, 24.11.2000
Nur ein Viertel will Wagner weiter als Oberbürgermeister
Befragte sprechen Berghofer die größte Eignung zu - doch der hat sich nicht geäu&
DRESDEN. Befragte sprechen Berghofer unter möglichen Gegenkandidaten die größte Eignung zu - doch der hat sich bislang zu Inhalten nicht geäußert
Bei einer Umfrage im Auftrag der PDS hat sich nur jeder vierte Befragte dafür ausgesprochen, dass CDU-Mann Herbert Wagner im Juni als Oberbürgermeister wieder gewählt wird. Fast 60 Prozent wollten einen anderen OB. Das Berliner Forschungsunternehmen Social Data geht von annähernd repräsentativen Werten aus. Bei einer Frage nach der Eignung möglicher Kandidaten im Vergleich zu Wagner erhielt Wolfgang Berghofer, letzter SED-OB, deutlich die besten Werte. "Wenn es so weiter geht, wird Dresden einen spannenden Wahlkampf erleben", sagte Social Data-Chef Dietmar Wittich, ein PDS-Mitglied.
Social Data hatte Ende September Fragebögen an 2000 Dresdner ab 18 Jahren verschickt, von denen 572 antworteten. Schlechte Werte für Wagner hatte schon im Juni eine Umfrage des Instituts für Kommunikationswissenschaft der TU ergeben. Gerade mal ein Drittel der Befragten wünschte dabei seine Wiederwahl.
PDS-Stadtchef Michael Schrader sieht sich in bisherigen Annahmen bestätigt: Die Chancen, Wagner abzulösen, seien "durchaus real und so gut wie nie". Er kritisierte vor diesem Hintergrund den möglichen Bündnispartner SPD: "Wer es ernst meint mit der Abwahl von Herbert Wagner, der kann nicht einen Parteikandidaten ins Rennen schicken". Der SPD-Stadtausschuss hält trotz Ablehnung durch die PDS am Landtagsabgeordneten Karl Nolle fest.
Die PDS-Spitze ließ weiter offen, wie sich die Partei bei einer Kandidatur von Berghofer verhalten wird. "Wir werden einen Teufel tun, ihn zu rufen", sagte Schrader. Bei ihm klang leichte Ungeduld mit Berghofer durch, der schon im Mai als OB-Kandidat gehandelt wurde und den DNN im Oktober sagte, manches Ding müsse reifen. "Die ganze Stadt so zappeln zu lassen geht auf Dauer nicht", sagt Schrader.
"Die eiern herum", sagte Nolles Wahlkampfchef Thomas Kralinski den DNN zur Kritik an der SPD. Berghofer werde der PDS unheimlich, weil er sich nicht festlege, die Partei ihn aber nicht drängen könne. Berghofer hatte klar gemacht, dass er nicht für eine Partei antreten würde.
Social Data fragte neben der Eignung möglicher Gegenkandidaten auch die vermutete Kompetenz in vier Politikfeldern ab. Berghofer liegt zwei Mal weit vorn - ohne bislang Konkretes zur Stadtpolitik gesagt zu haben. TU-Professor Werner J. Patzelt hatte ihn jüngst als "ideale Projektionsfläche" breit gefächerter Vorstellungen bezeichnet.
OB Wagner, bislang einziger offizieller Kandidat, mochte nicht auf sein schlechtes Umfrageergebnis eingehen. "Die Entscheidung fällt am Wahltag", sagte er. CDU-Sprecher Burkhard Hartung, selbst Marktforscher, bezweifelte wegen der Untersuchungsmethode die Aussagekraft der Studie. Er bedauerte aber zugleich, dass Umfragen keine starke Beachtung in seiner Partei fänden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz hatte am Wochenende davor gewarnt, die OB-Wahl schon als gewonnen abzuhaken. Beim Kreisparteitag forderte er eine aggressive Kampagne bei einer Kandidatur Berghofers: "Der Wahlsieg im Jahr 2001 wird uns nicht in den Schoß fallen."
(Stefan Alberti)