Karl Nolle, MdL
Rede in Zschopau, 14.07.2003
Filz und Politik - Ist die politische Kultur in Sachsen auf den Hund gekommen?
Vortrag und Diskussionsveranstaltung, Gelber Salon Schloß Wildeck in Zschopau
Anrede!
Willy Brandt hat in seiner Regierungserklärung 1969 das legendäre Versprechen abgegeben „Wir alle wollen zusammen mehr Demokratie wagen“.
Diesen Aufruf Willy Brandts: „Mehr Demokratie wagen“ folgten damals 10.000-ende vor allem junger Menschen, die in die großen demokratischen Volksparteien gingen oder sich an derem Rande politisierten.
Von Politikverdrossenheit war damals nicht die Rede, eher von einem großen demokratischen Ruck nach Veränderung, dem sich die großen Volksparteien nicht entziehen konnten.
Das war übrigens auch die Zeit, als die Partei und Staatsführung der DDR mit den in Berlin stattfindenden Weltjugendfestspielen begann, ein Ventil zu etwas mehr Liberalität für die eigene Bevölkerung zu öffnen.
Willy Brandt hat damals auch einen anderen für mich wichtigen Satz gesagt, nämlich: „Demokratie ist Kontrolle von Macht“
Ich finde das bemerkenswert, Demokratie, sagt Brandt, das ist nicht nur ein Schema, ein Prinzip der Mehrheitsfindung, sondern, so Willy Brandt, „Kontrolle von Macht“.
Anrede!
Ich gebe zu, dass sich auch dieser Satz des so vorbildlichen Willy Brandts bei mir tief eingegraben hat:
„Demokratie ist Kontrolle von Macht“
In der Tat darf Demokratie nicht nur die Bestätigung oder der Wechsel von Regierenden alle paar Jahre sein.
Sondern Demokratie ist eine ständige Aufgabe und Pflicht der Bürger zur Kontrolle und Begleitung von Macht, gleichgültig welche Parteifahne gerade gehisst ist.
Für mich heißt das, die Regierung regiert und das Parlament kontrolliert. So jedenfalls wurden uns die drei Säulen unserer Demokratie erklärt.
Nämlich: Legislative, Exekutive und Judikative oder auf deutsch, Parlament, Regierung sowie Rechts- und Gerichtswesen. Das versteht man auch unter Gewaltenteilung, in der Theorie.
Und wie sieht das in der heutigen Wirklichkeit aus?
Selten kontrolliert die Parlamentsmehrheit die eigene Regierung. Das wäre Aufgabe der Opposition, wenn sie sich so versteht.
Und wo finden sich denn Ratsherren oder Kreistagsabgeordnete zusammen, um tatsächlich auch ihre Verwaltung zu kontrollieren, wäre das nicht ihre Aufgabe?
Selten findet sich ein Staatsanwalt gegen rechtswidriges Regierungshandeln auszuermitteln, wird ihm doch spätestens beim Generalstaatsanwalt bedeutet, wer Brötchengeber im Lande ist.
Selten trifft ein Richter eine Entscheidung gegen rechtsfehlerhaftes Regierungshandeln, ist doch der Justizminister sein oberster Vorgesetzter im Lande und seine Ernennung, Karriere und Beurteilung von ihm letztlich abhängig.
In allen Fällen, meine Damen und Herren, wo gottseidank doch etwas passiert, wo gottseidank Misstände benannt werden, wo Verfehlungen angeprangert werden, wo über persönliche Raffgier und Machtverliebtheit gesprochen wird - bis hin zu Bestechlichkeit und Korruption, wenn wir von Untreuehandlungen und Vorteilnahme hören, wo rechtswidriges Verwaltungs- oder Regierungshandeln öffentlich wird – immer dann sind mindestens zwei Voraussetzungen erfüllt:
Erstens es gibt eine couragierte Bürgerin oder einen mutigen Bürger, der die ihm bekannt gewordenen Misstände nicht für sich behält und zweitens, es gibt Presse und Medien, die es als ihre Aufgabe verstehen, Verwaltungs- und Regierungshandeln, also die Politik, da zu loben, wo sie zu loben ist und dort in aller Konsequenz zu kritisieren wo Dinge unter den Teppich gekehrt werden sollen oder Rechtsverstöße stattfinden (ohne ihre Quellen offenbaren zu müssen).
Letztlich ist es diese Form von Öffentlichkeit, deren Licht die Dunkelmänner und Dunkelfrauen scheuen.
Übrigens, meine Damen und Herren, es gibt eine weitere Errungenschaft der Demokratie, ein kostbares Gut, das erwähnt werden muß, nämlich die Immunität eines Abgeordneten, die ihm einen gewissen Schutz davor bietet, bei seiner Aufklärungsarbeit rechtlich behindert zu werden.
Sein Zeugnisverweigerungsrecht, nämlich unter keinen Umständen den Namen eines Informanten preisgeben zu müssen, ist eine wichtige Vorraussetzung, Macht kontrollieren zu können.
In manchen Ländern dieser Welt, gottseidank nicht bei uns, ist es für einen kritischen Abgeordneten zusätzlich ratsam, unters Auto zu schauen, bevor er losfährt.
Anrede!
Es gehört kein Mut dazu, das nachzureden, was andere reden.
Zivilcourage ist doch gerade, den Mut zu haben, Dinge anzusprechen, die andere nicht ansprechen wollen, auch wenn sie diese schon jahrelang selber gesehen haben.
Im Januar 2001 habe ich im Parlament eine Reihe einfacher Fragen gestellt.
Damals gab es einen Ministerpräsidenten, der über zehn Jahren in einer Regierungsvilla in Traumlage wohnte, dem 7 Bedienstete jederzeit zur Verfügung standen, darunter Gärtner, Hausmeister, Putzfrau, Näherin, Haushaltshilfe sowie Koch und Serviererin.
Abgesehen davon, dass niemand beantworten wollte, wie viel qm tatsächlich bewohnt wurden, antwortete der Regierungsvillenbewohner, angesprochen auf seine Sozialmiete von 8,25 DM/qm, man hätte ihm doch sagen sollen, dass die 7 Bediensteten da nicht mit drin seien. Übrigens sein damaliges Jahresgehalt betrug zu der Zeit über 400.000 DM.
Mit meinen ungehörigen Fragen habe ich dazu beigetragen, die haarsträubenden Verhältnisse um Dienstwohnung, Personalnutzung und weitere Inanspruchnahme von materiellen Vorteilen durch den Ministerpräsidenten und seine Angehörigen aufzudecken.
Mir ging es dabei nicht um die Frage, welcher Lebensstandard einem Ministerpräsidenten zusteht. Ich neidete Kurt Biedenkopf nichts. Und ich habe natürlich großen Respekt vor seinem Engagement und seinen unbestrittenen Erfolgen.
Aber ich bestand und bestehe darauf, daß die Besoldung eines Ministerpräsidenten transparent ist und den gesetzlichen Vorschriften entspricht, daß der Ministerpräsident dem Landtag als Haushaltsgesetzgeber Rechenschaft über seine Tätigkeit, wie über seine Bezüge gibt und daß der Ministerpräsident alle ihm gewährten geldwerten Vorteile ordnungsgemäß versteuert, so wie von jedem Bürger eine korrekte Steuererklärung erwartet wird.
Die Staatsregierung selbst hatte schließlich, nach öffentlichen Druck erhebliche Mißstände festgestellt, nachdem sie anfangs glaubte, meine berechtigten Fragen als Diffamierungskampagne abtun zu können. Ein Jahr nach meinen Fragen trat der belastete Ministerpräsident zurück.
Gefragt hatte ich damals auch nach der privaten Nutzung der schwarzen Staatskarosse durch Familienangehörige, durch Ministerpräsidentengattin und Enkelkinder.
Abgesehen davon, dass erst der sächsische Verfassungsgerichtshof, nach einer von mir gewonnenen Klage, eine korrekte Antwort der Staatsregierung erzwang, hat sich niemand darüber erregt, das in ca. 100 Fällen die Enkelkinder mit der Staatskarosse ohne Vorliegen einer Sicherheitslage zum Kindergarten gebracht und geholt wurden, sogar mit Dauerabholausweis für den Fahrer, die Gattin regelmäßig zum Einkaufen fuhr, wobei ein Bodygard den Einkaufskorb trug und der andere die Handtasche.
Normal war es auch vierzehntägig mit der schwarzen Dienstlimousine zur Fußpflege zu fahren und monatlich nach Thürigen zur Naturheilkundlerin. Mittags holten die Fahrer Mittagessen aus der Staatskanzlei und brachten es zur Tochter, damit sie nicht kochen brauchte.
Fehlte ein Pfund Zucker zum Marmeladekochen, ging es flugs zu ALDI. Die Kosten dieser Fahrbereitschaft zur privaten Nutzung über die gesamten 10 Jahre betrugen, als alles öffentlich wurde, keine 2.000 DM.
Über 7 Millionen DM sammelte die Gattin im Lande für wohltätige Zwecke, wie sie sagte. Eine Buchführung wieviel, woher und wohin, wurde nie gesehen.
Aus einer illegalen Kasse der Regierungsvilla wurde sogar Schwarzarbeit bezahlt für zusätzliche Bedienung bei Festivitäten, ohne Steuern und ohne Sozialversicherungsbeiträge, wie eine offizielle Prüfung ergab.
Bei einem solchen privaten Regierungsstil im Land verwundert es nicht, wenn man hört, dass die Schwiegermutter der Herrschaft bald 10 Jahre zur Pflege in einer Rehabilitationsklinik untergebracht wurde, und diese Klinik keine Lizenz zur Altenpflege hatte.
Für diese besonderen Dienstleistungen, auf der Einpersonenpflegestation nebst speziellen Umbaukosten und drei dafür eingestellten Hilfsschwestern, sollen die damit befaßten Klinikbediensteten in 10 Jahren nie eine Rechnung oder Abrechnung gesehen haben.
Die Spitze des Unvorstellbaren aber ist die 10 jährige, rund um die Uhr Bewachung der bayrischen Privatvilla der Herrschaft am Chiemsee durch drei sächsische
Polizisten, auch in den 11 Monaten im Jahr wo die Herrschaft in Dresden weilte.
Kosten, wenn das Dritte zu zahlen hätten, ca. 15 Millionen DM.
Soweit zu den Vorbildern an der Spitze des Freistaates.
Was sind dagegen ein paar Fluttausender wg. Hochwasser ganz oben auf dem Birkberg, das in Wirklichkeit Hangregenwasser war. Seltsamerweise wird dies auf keinem Blatt des 1. und 2. Fluthilfeantrages oder der Zuwendungsbescheide, die uns vorliegen, erwähnt. Es ging in allen Schriftstücken immer nur um Schäden durch Flusshochwasser.
Ist es nicht kleinlich nach der privaten Nutzung eines Ministerin-Fahrers zu Gärtnerarbeiten, Einkaufsfahrten oder Grilldiensten zu fragen?
Wer regt sich schon auf, über das bisschen Kreativität, Fahrten von 120 km nach Dresden und zurück zum Birkberg nicht pauschal zu versteuern, wie es jeder Dienstwagennutzer tut, sondern die Fahrten immer so aufschreiben zu lassen, dass am Tagesende ein dienstlicher Termin in der Nähe ist und die zu versteuernde Privatfahrt nach Hause nur 10 km beträgt, wie zu hören war.
Was ist dagegen einzuwenden, wenn ein befreundeter Landrat das Abgeordnetenbüro einer Exministerin wie einen gemeinnützigen Verein behandelt und den qm Büromiete für 3,50 DM taxiert, bis die Sache dann 5 Jahre später einer Revison im Kreis auffällt und der Mietpreis daraufhin auf wahnsinnige 6 DM „angehoben“ wird. Von Nachzahlung war jedenfalls nichts zu hören.
Das Weberfaß zum Überlaufen gebracht haben sollen allerdings 14 Fragen des Abgeordneten Nolle zur Biografie der Ministerin, am 17. Juni 2003, die um 13.30 Uhr auf dem Schreibtisch des Ministerpräsidenten und der Presse landeten. Spontane Reaktion von Prof. Milbradt, so wird berichtet: „Jetzt hat sie uns auch noch über Ihre Vergangenheit belogen“.
Denn unter der Überschrift: „Im Widerstand und verfolgt oder sozialistische Aktivistin?“ wurden 14 Fragen zu Christine Weber gestellt zu 2 SED-Aufnahmenanträgen aus 1988 und 1989, zu Funktionen als stellvertretende DFD Vorsitzende, als Kreisdelegierte auf der letzten Landeskonferenz, als Mitglied des Stabes Zivilverteidigung unter Führung eines Oberstleutnants sowie zu ihrer Revisionstätigkeit beim FDGB.
In solche Funktionen holte man sich keine Widerstandkämpfer. Die Legende von der Verfolgung war zusammengebrochen.
Deshalb fuhr Milbradt noch am Nachmittag nach Chemnitz in die Psychiatrische Klinik auf die Dresdner Straße und ließ Frau Weber ihren Rücktritt unterzeichnen. Schon vier Tage später war die angeblich schwerkranke Exministerin wieder in ihrem Haus am Birkberg. Ob sie dennoch 4.000 Euro Pensionsanspruch zugeschanzt bekommt, werden wir sehen.
Nun zu anderen Verfilzungen in Sachsen.
Ganz unbehelligt vom Staatsanwalt darf ein Referatsleiter des Innenministeriums Roß und Reiter für die Aussage nennen, „die Sache Abwasserzweckverband Arzberg-Beilrode“, zu dem es schon einen Landtagsuntersuchungsausschuß gegeben hatte, sei „ein handfester CDU-Partei-spendenskandal“.
Ganz normal ist es in diesem Land, wenn ein inzwischen abgelöster Chef der Aufbaubank mit Fördergeldern Eigentumswohnungen bauen lässt und sich selbst, einen Staatssekretär, dessen Sohn sowie deren Freunden im Duzend gleich mitbedient, finanziert mit gesponserten Zinssätzen von 0 bis 3 %. An der Quelle saß der Knabe ..
Ganz normal, wenn ein Investor eine Behördenzentrum baut, weil ihm sein bester Freund der Ministerpräsident ohne Ausschreibung einen 25 Jahre Mietvertrag zukommen lässt und ihm den jährlichen Mietzins von 15,8 Millionen DM und alle Mietkonditionen in die Feder diktiert, die er dann buchstabengenau an seinen Finanzminister durchreicht..
Ganz normal, dass daran der Ex-Finanzminister mitgewirkt hat und der Ex-Ministerpräsident den schlechten Vertrag seinem Minister anlastet, der ja nichts einzuwenden hatte, auch nicht als der Rechnungshof des Landes von ca. 30 Millionen Schaden für den Freistaat über die Laufzeit spricht.
Ganz normal, dass der inzwischen Ex-Ministerpräsident nicht daran vorbei kommt, diesen 30 Millionen Schaden vor dem Untersuchungsausschuss einzuräumen, nachdem er erst das Parlament belogen hatte, aber noch heute seine Parteifreunde im Ausschuß behaupten, es sei überhaupt kein Schaden eingetreten.
Ganz normal die Generalstaatsanwaltschaft, durch eine Staatsanwältin hingewiesen auf die drohende Verjährung der Untreuevorwürfe gegen den Ministerpräsidenten, dass sie schriftlich antwortet, es bleibe alles wie es ist.
Ganz normal, wenn ein Baulöwe aus Badenwürtemberg in Sachsen nicht nur eine hochsubventionierte Molkerei baut, sondern auch gleich das technische Konzept für eine moderne Molkerei, was jeder Laie aus Fachbüchern abschreiben kann, für 25 Millionen verkauft.
Ganz normal wenn sich die Steuerfandung aus Stuttgart an die Sachsen wendet aber zu spät. Denn deren damaliger Finanzminister und heutiger Ministerpräsident, hat dem Freund des Ex-Ministerpräsidenten prompt die 20 Millionen Steuern geschenkt, hinter denen die Steuerfandung her ist. Sache erledigt!
Ganz normal, wenn dieser, wegen Betruges rechtskräftig verurteilte Baulöwe Roland Ernst, Dankesbriefe des Ex-MP inclusive, auch ein Herzzentrum ohne Ausschreibung baut und sich mehr als gut bezahlen lässt, dann auch als Vermieter mit horrenden, überhöhten Mieten, wie die Steuersonderprüfung ergibt, auftritt und gleichzeitig auf der anderen Seite im Vorstand des gemeinützigen Betreibervereines sitzt.
Das geht so lange gut, bis sich dort die Mehrheiten, gegen Freistaat und Baulöwe wenden und der Verein trickreich mit Hilfe des Aufsichtsrates Ex-Minister Meyer und einem teueren Gutachten mit dem Titel „Wie baue ich eine Insolvenz“ in die selbige geschickt wird, um die kapitalen Fehler des Freistaates zu vertuschen.
Daß Fehler gemacht werden bei Gemeinden, Städten oder Kreisen wissen wir, nichts dabei, wenn sie denn korrigiert werden.
Ganz normal in Sachsen ist jedoch, wenn Fehler eines Bürgermeisters oder eines Landrates, vom RP bis zur Staatsregierung durch keine Instanz der Rechtsaufsicht geahndet werden. Warum auch, sind doch, Bürgermeister, Landrat, Regierungspräsident, Staatssekretär und Minister alle aus einem Verein.
Sie kontrollieren sich alle gegenseitig.
Auch ganz normal ist, wenn Investoren
oder Darlehensnehmer von Bürgermeistern oder Landräten für Wohlverhalten belohnt oder bestraft werden, in dem sie über ihre Funktionen in den Verwaltungsräten der Stadt- oder Kreissparkassen unzulässig Einfluß nehmen, ob und wieviel. Da denkt man gerne an den eigenen Verein.
Ein solcher Fall einer Stadt, eines Landkreises und einer Kreissparkasse hat sich inzwischen zu einem Schadensersatzprozess in Höhe von 105 Millionen Euro gegen den Freistaat entwickelt.
Es kommt noch dicker, in keinem Land der Bundesrepublik gibt es mehr Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes gegen die eigene Regierung, in keinem Land mehr Richterrechtsklagen wegen rechtsfehlerhafter Beförderungen oder Beurteilungen von Richtern.
Anrede!
Was halten Sie von einem sächsischen Amtsträger, der ebenso wie seine
Ehefrau gleich mehrfach mit Lohnpfändungen überzogen wird, weil er sich ständig einbildet, er hätte mehr als er hat. Ein solcher Amtsträger ist doch schon für 10 Euro extrem korruptionsgefährdet.
Nun noch einige Fragen zum Stadtoberhaupt einer für seine Motorräder weltberühmten Stadt.
Er ist eine Perle für die Bürger, bei ihm sind Bürgeranliegen Chefsache, ein Genie, das innerhalb 14 Minuten Fluthilfeanträge ohne Prüfung unterschreibt. Ein typischer Fall von Amigo-Wirtschaft, denn Amigo Baumann hat ausschließlich im Fall Christine W. „das Vorliegen von Voraussetzungen für die Beseitigung von Schäden durch das Hochwasser der Elbe und ihrer Nebenflüsse“ ausdrücklich mit Siegel bescheinigt, allerdings offensichtlich mit geschlossenen Augen...
Prüfungen wegen Dienstpflichtverletzung dauern an, ebenso wie ein beamtenrechtliches Vorermittlungsverfahren des Landratsamtes Marienberg gegen diesen feinen Herren, gegen den mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden anhängig sind. Traut man seinem Parteifreund und Landrat Verschleppung zu?
Fragen, wie viele staatsanwaltlichen Prüfvorgänge und/oder Verfahren bis heute gegen Herrn Baumann eingeleitet wurden, und wie viele durch Zahlung einer Geldbuße oder wegen geringer Schuld eingestellt wurden, wollte das Innenministerium nicht beantworten.
Auch nicht beantworten wollte das SMI Fragen, wie viele Prüfverfahren noch anhängig sind und ob bei diesen Verfahren auch Unterschlagung von Unterlagen, Beihilfe zum Subventionsbetrug, Unterschlagung von ABM Mitteln, missbräuchliche Verwendung von SAM Geldern oder ein Az 610 Js 24 22 0/02, Themen gewesen sind. Offensichtlich hat man im Innenministerium bei diesen zahlreichen Prüfverfahren schon den Überblick verloren.
Ebenfalls den Überblick verloren zu haben scheint OB Baumann, der 1998 seinem Freund Fröbe kurz vor der Vollstreckung, wie man hörte, aus der Patsche half und ihm für 950.000 DM, als städtischer Mehrheitsgesellschafter der ZESEC, die Stadthalle ohne Gutachten abkaufte, finanziert durch die Sparkasse. Ohne Wissen und ohne Genehmigung durch den Stadtrat und die Kommunalaufsicht schließt Baumann als OB mit der ZESEC im Februar 1999 einen 25 Jahres-Pachtvertrag ab und zahlt inzwischen über 350.000 Euro Pacht aus städtischen Haushaltsmitteln, obwohl zu keinem Zeitpunkt ein verpachtungsfähiger Zustand erreicht war und Stadtkämmerer Hedwig dagegen Sturm läuft.
Bevor für die ZESEC am 3.6.03 Insolvenz eröffnet wird, beschlagnahmt die Sparkasse eine Stadthallenruine zur Sicherung ihrer Kaufpreisforderungen, für die sie nur Zinsen und keinen Cent Tilgung gesehen hat. OB Baumann hatte noch im April 2002 beide Geschäftsführer der ZESEC entlastet, ohne Vorliegen einer Jahresrechnung.
Im Insolvenzvermögen der ZESEC sollen sich zwei Darlehensforderungen über zusammen 112.000 DM incl. Zinsen befinden, die Baumann sich selbst als Präsident des Fussballclubs verschafft haben soll sowie ein dubioses Darlehen an die BHW Chemnitz hinter dem sich möglicherweise sein Fußballfreund Klemm verbirgt. Wer an die Werthaltigkeit dieser Darlehen glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Auf fünf ABM Projekte der ZESEC, die Herr Baumann bis heute mit Hilfe von Christine W. nicht abgerechnet haben soll, möchte ich hier nicht weiter eingehen.
Anrede!
Ich hatte zu Beginn meiner Rede von den besonderen Aufgaben der Opposition in der Demokratie gesprochen. Lassen Sie mich dies zum Schluss noch einmal unterstreichen:
Zitat: „Die Opposition ist notwendig, um die Regierung davon abzuhalten, unkontrolliert zu handeln – auch die Regierungsmehrheit im Parlament.“
Und weiter: „Es gibt Erschütterungen des politischen Vertrauens. Das ist nun mal das Wesen der repräsentativen Demokratie, dass auch die Moral repräsentiert wird.“
Beide Zitate stammen von einem hochtalentierten, ehemals angesehenen Ministerpräsidenten, der dies 1998 nach der Kohlniederlage sagte und der nach einem Jahrzehnt absoluter Parlaments- und Regierungsmehrheit in seinem Land fast unkontrollierbar geworden war.
Er ist genau über diese Missachtung der Moral gefallen, die eben auch in der Demokratie repräsentiert wird und repräsentiert werden muss.
Sein Name ist Kurt Hans Biedenkopf, dem nun die von ihm geförderte Ministerin aus Zschopau gefolgt ist.
Daß ich an beiden Rücktritten mit Unterstützung meiner SPD-Fraktion im sächsischen Landtag aktiv und erfolgreich mitwirken konnte zeigt, was möglich ist, wenn man Willy Brandts Worte ernst nimmt, nämlich:
„Demokratie ist Kontrolle von Macht.“
Wir haben dies, trotz einiger Zweifler und Bedenkenträger, im Interesse der Demokratie sehr ernst genommen.
Auf das Ergebnis können wir alle stolz sein.
Und es entspricht den Worten auf den Transparenten, die 1989 bei der friedlichen Revolution auf den Straßen zu sehen waren und die leider so viele ganz schnell wieder vergaßen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.