Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 20.08.2003
Waffen gegen Filz und Korruption
Innenminister der Länder legen Bericht vor- "Transparency" fordert bundesweit einheitliche Gesetze
BERLIN. Die Anti-Korruptionsgesellschaft „Transparency' hat den Innenministern der deutschen Länder vorgeworfen, nicht genug gegen die Korruption in öffentlichen Verwaltungen zu tun. Zum Korruptionsbericht der Innenministerkonferenz erklärte Michael Wiehen gestern, es sei erneut versäumt worden, klare, bundesweit einheitliche Regelungen vorzugeben. „Stattdessen gibt es eine verwirrende, kritiklos aneinandergereihte Aufzählung vieler Einzelaktivitäten des Bundes und der Länder."
Diese Vielzahl der Aktivitäten erscheine zwar recht eindrucksvoll. Aber zugleich sei es auch „äußerst uneffektiv, dass es in den deutschen Verwaltungen zum Beispiel 17 so genannte Musterverwaltungsvorschriften über die Annahme von Geschenken gibt.
Wiehen sieht dennoch einige gute Ansätze in dem Papier, welches am 30. Oktober des vergangenen Jahres verabschiedet worden war, aber erst vor wenigen Tagen an die Öffentlichkeit kam. Im folgenden die wichtigsten Punkte:
Mehrere Bundesländer setzen sich für eine Kronzeugenregelung bei Korruptionsstraftaten ein. Im Bundesrat wird derzeit an einem entsprechenden Gesetzentwurf gefeilt. Einige Innenminister bemängeln zudem, dass die Überwachung der Telekommunikation bei schweren Delikten dieser Art nicht erlaubt ist.
Zufrieden ist „Transparency"-Vorstandsmitglied Wiehen mit dem Bekenntnis der Innenminister für eine klare Regelung bei der so genannten Drittmittelförderung der Forschung. An einem Beispiel aus dem Gesundheitswesen erklärt Wiehen, was gemeint ist: Ein Pharmakonzern überlässt einem Krankenhaus, das angeblich zu bestimmten Medikamenten forscht, Maschinen, bezahlt vielleicht sogar ein, zwei Stellen. Bei dieser Forschungsförderung werden Bedingungen vereinbart, die weniger die Forschung, sondern vielmehr das Unternehmen fördert, von dem das Krankenhaus unterstützt wird. Wiehen: „Unternehmen benutzen die Förderung, um ihre Produkte unter die Leute zu bringen." Um dies zu unterbinden, müssten klare gesetzliche Regelungen geschaffen werden, meinen die Innenminister.
Ein weiterer wichtiger Eckstein bei der Korruptionsbekämpfung sind die Rechnungshöfe, die laut Innenministerbericht in einigen Ländern „gebeten" werden, die Staatsanwaltschaften über Verdachtsfälle zu informieren. „Eine komische Formulierung", findet Wiehen, „aber immerhin ein erster Schritt" Seiner Meinung nach müssen die Rechnungshöfe nicht gebeten werden, sondern haben sogar den verfassungsmäßigen Auftrag, bei der Korruptionsbekämpfung mitzuwirken.
Mehrere Länder verlangen seit längerem die Schaffung eines bundesweiten Korruptionsregisters. Dies ist eine Liste unzuverlässiger Unternehmen, die über Korruption an Aufträge gekommen sind. Der Idee nach sollen solche Unternehmen künftig von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
Ein wichtiger Punkt in dem Korruptionsbericht der Innenminister ist das Informationsfreiheitsgesetz, das es in vier Bundesländern, allerdings nicht in Sachsen, schon gibt. Die Innenminister_ begrüßen dieses Gesetz, das die Behörden zu mehr Offenheit verpflichtet. Derzeit haben Bürger in Ländern, in denen das Gesetz nicht gilt, nur dann ein Recht auf Akteneinsicht, wenn sie persönlich betroffen sind.
(von Johannes Fischer)
Korruptionsbericht der Innenminister Nachzulesen im Internet unter der Adresse: www.transparency.de
WEITERE INFORMATIONEN
Veranstaltung zu „Politik und Filz" Niederwürschnitz, Donnerstag, 21. August, 19 Uhr, Gasthaus zur Tenne, Zum Vereinshaus 16.
Zu Gast sind Karl Nolle, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, die SPD-Landtagsabgeordnete Gisela Schwarz und Rolf Höfer, Bürgermeister von Niederwürschnitz und Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stollberger Kreistag.
Vortragsveranstaltung mit Diskussion zu